Lächelnd schritt Robert Lewandowski mit einer Flasche Wasser in der Hand über den Rasen und winkte den Fans zu. Bei der umjubelten Tor-Premiere des Weltfußballers hat Polen Kurs auf das erste WM-Achtelfinale seit 36 Jahren genommen.
Samstag, 26.11.2022
Der 34-Jährige sorgte beim 2:0 (1:0) im emotionsgeladenen zweiten Gruppenspiel gegen Saudi-Arabien durch seinen späten Treffer in der 82. Minute für die Entscheidung und ließ sich nach seinem ersten Tor im insgesamt fünften WM-Spiel glücklich auf den Rasen fallen.
Zuvor ebnete der frühere Bayern-Torjäger als Vorbereiter des Führungstreffers von Piotr Zielinski (39.) den Weg zum Sieg. «Jetzt hat er das Tor und den Assist, das sagt alles über ihn und seinen Charakter aus», sagte Polens Abwehrspieler Matty Cash.
Szczesny superstark
Dennoch musste Polen lange um den Erfolg bangen. Dieser war besonders dem herausragenden Torhüter Wojciech Szczesny zu verdanken, der von seinen Teamkollegen nach zum Teil herausragenden Paraden wiederholt umarmt wurde. Der Schlussmann von Juventus Turin parierte in der hitzigen Nachspielzeit der ersten Hälfte nicht nur den einen Elfmeter von Salem Mohammed Al-Dausari, sondern auch den Nachschuss von Mohammed Al-Buraik. «Ich wusste, wie er den Elfmeter schießen würde. Ich habe versucht, ihn zu verwirren», berichtete Szczesny.
Nach dem Seitenwechsel drängten die Saudis, die zum Auftakt sensationell gegen Argentinien gewonnen hatten, vor 44.259 Zuschauern vehement auf den Ausgleich, scheiterten aber an der eigenen Präzision oder an Szczesny. «Er hat gezeigt, warum er seit so langer Zeit auf Topniveau spielt, und den Unterschied gemacht. Einfach fantastisch», lobte Cash den Torhüter.
Polen geht das finale Spiel in der Gruppe C am Mittwoch gegen Argentinien um Lionel Messi mit vier Punkten an. Aber auch die forsch attackierenden Saudis haben mit drei Punkten noch alle Chancen auf das zweite Achtelfinale nach 1994. «Du musst effizient sein aber das waren wir nicht», sagte Saudi-Trainer Hervé Renard und fügte hinzu: «Ich bin sehr stolz auf meine Spieler. Wir sind noch nicht fertig.»
Fast-Heimspiel für Saudi-Arabien
Zunächst sah es so aus, als könnte Saudi-Arabien nach dem 2:1 gegen Messi & Co. an einem stimmungsvollen Fußball-Nachmittag der nächste große WM-Coup glücken. Über weite Strecken waren sie beim Fast-Heimspiel besser. Grüne Trikots oder weiße Thaub-Gewänder waren überall auf den Rängen zu sehen. Gepusht von den vielen Fans ließen sich die Saudis hier und da zu etwas Theatralik hinreißen.
Lewandowski, der sich nach Pfiffen der Mexikaner beim vorangegangenen 0:0 diesmal wie alle Polen einige Buhrufe von den Rängen anhören musste, bekam durch die Hereinnahme von Arkadiusz Milik die von ihm gern gesehene Unterstützung im Angriff. Doch immer wieder musste er sich einer Überzahl von Abwehrspielern erwehren. Es ging mitunter sehr rustikal zur Sache - sechs Gelbe Karten gab es alleine vor der Pause.
Vor dem Treffer von Zielinski wäre Lewandowski, der im Februar 2021 im selben Stadion mit dem FC Bayern Club-Weltmeister wurde, fast selbst ein Tor geglückt. Nach dem schön von Cash auf dem rechten Flügel eingeleiteten Angriff scheiterte der 34-Jährige knapp an Torhüter Mohammed Alowais, legte dann aber gedankenschnell und perfekt für Zielinski auf. Der hämmerte den Ball humorlos unter die Latte.
Nach dem erst nach Ansicht der Video-Bilder gegebenen und von Szczesny parierten Strafstoß war Lewandowski als Vermittler gefragt, um die Gemüter zu beruhigen. Vor allem auf der polnischen Bank war der Ärger über die Entscheidung groß. Die Saudis starteten nach dem Rückstand viele Angriffe auf das Tor der Polen, die ihrerseits zunächst das beruhigende 2:0 bei Aluminiumtreffern von Milik (63.) und Lewandowski (66.) verpassten. In der Schlussphase war es dann doch noch der Barcelona-Star, der einen Fehler der gegnerischen Defensive nutzte und eiskalt vollendete.(dpa)
Manchmal muss man im Fußball auch mal ein Tor schießen.
— Thierry Henry