Oranje verpasst vorzeitigen Achtelfinal-Einzug

von Marcel Breuer | dpa20:30 Uhr | 25.11.2022
Steven Bergwijn (l) und seine Niederländer kamen nicht über ein 1:1 gegen Ecuador hinaus.
Foto: Tom Weller/dpa

Bondscoach Louis van Gaal diskutierte mit seinem Kapitän Virgil van Dijk am Spielfeldrand schon über den verpassten vorzeitigen Achtelfinal-Einzug, da ließen sich die Ecuadorianer um ihren Torschützen Énner Valencia noch ausgiebig von ihren Fans feiern.

Das schnellste Tor der bisherigen Fußball-WM in Katar hat den Niederlanden nicht zum vorzeitigen Weiterkommen gereicht, stattdessen sprengte Valencia mit seinem Treffer für die Geschichtsbücher die Oranje-Party. Die Elftal kam in ihrem zweiten Gruppenspiel gegen Ecuador trotz der Blitz-Führung durch Cody Gakpo (6. Minute) nur zu einem 1:1 (1:0).

«Wir haben den Ball zu schnell verloren und zu langsam gespielt. Sie waren deutlich aggressiver. Aber am Ende haben wir immerhin ein Ergebnis geholt», sagte van Dijk. Auch van Gaal bemängelte, sein Team habe nicht entschlossen genug agiert. «Ecuador war heiß, gewann jeden Zweikampf.» Ecuadors Kapitän Valencia (49.) sorgte mit seinem sechsten WM-Tor in Serie für ein Kunststück, das vor ihm nur drei anderen Spielern gelungen war. «Ich bin sehr stolz auf dieses Spiel», sagte Ecuadors Nationalcoach Gustavo Alfaro. In der 90. Minute musste Valencia allerdings verletzt mit einer Trage vom Platz gebracht werden.

Depay auf der Bank, Gakpo glänzt

Mit vier Punkten aus zwei Partien hat Ecuador ebenso wie die Niederlande vor dem letzten Spieltag gute Chancen auf die K.o.-Runde, auch der Senegal darf mit drei Zählern in der Gruppe A noch hoffen. «Wir sind weiter ungeschlagen und haben es weiter in der eigenen Hand», sagte van Dijk. Gastgeber Katar ist dagegen vorzeitig ausgeschieden.

Van Gaal ließ seinen lange verletzten Star Memphis Depay erneut zunächst nur auf der Bank. Das war in Ordnung, denn wie schon im ersten Spiel lieferte der junge Gakpo. Bei seinem satten Schuss von der Strafraumgrenze ins linke Eck war Ecuadors Torwart Hernán Galindez ohne Chance. Für den Offensivspieler der PSV Eindhoven war es das zweite Tor bei dieser WM, dabei hat der 23-Jährige erst insgesamt elf Länderspiele absolviert.

Und van Gaal sah sich in seinen Worten vor dem Spiel bestätigt. «Er ist ein Spieler mit ganz viel Talent, aber er ist sehr jung», hatte der 71-Jährige gesagt. Gakpo, der im Vergleich zum 2:0 gegen den Senegal etwas offensiver spielte, war erst der zweite niederländische Spieler, dem in seinen ersten beiden WM-Spielen ein Tor gelang. Der erste war - natürlich - Depay 2014 in Brasilien. Für Ecuador war es das erste Gegentor nach beachtlichen 701 Minuten.

Ecuador mit mehr Zugriff auf das Spiel

Doch der weitere Verlauf des Spiels dürfte dem Disziplinfanatiker van Gaal keineswegs gefallen haben. Ecuador bekam immer mehr Zugriff, wurde selbstbewusster. In vielen Offensivaktionen, die vor allem über die Flügel erfolgten, fehlte nur der letzte Pass. In der Nachspielzeit erhielt die Elftal doch noch die Quittung für ihre immer passiver werdende Verteidigung - dachten zumindest die 44.833 Fans im Chalifa International Stadion. Zwar beförderte Pervis Estupiñán (45.+3) den Ball ins Tor, doch der im Abseits stehende Jackson Porozo versperrte Keeper Andries Noppert die Sicht. Schiedsrichter Mustapha Ghorbal aus Algerien gab den Treffer zurecht nicht.

Van Gaal reagierte trotzdem, brachte Depay für den wirkungslosen Steven Bergwijn. Doch das Tor schoss Ecuador - und diesmal zählte es. Ein Schuss von Estupiñán wehrte Noppert direkt vor die Füße von Valencia ab, der bereits sein drittes Tor des Turniers erzielte. Für den 33-Jährigen war es sein sechstes WM-Tor nacheinander ohne, dass ein anderer für Ecuador getroffen hatte. Das war laut Datendienstleister Opta zuvor nur Portugals Eusebio 1966, Italiens Paolo Rossi 1982 und dem Russen Oleg Salenko 1994 gelungen.

In der Heimat dürfte Valencia damit eine massive Party ausgelöst haben. Das Bildungsministerium des Landes hatte eigens für das Spiel alle Schulen und Universitäten geschlossen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Und es wurde fast noch besser. Gonzalo Plata (59.) traf mit seinem Schlenzer die Latte, zur Führung fehlten nur Zentimeter. Doch auch das Remis feierten die Ecuadorianer im Stadion ausgelassen.(dpa)



Sie sollten nicht versuchen, in das Gehirn eines Verrückten zu schauen.

— Sir Alex Ferguson über sich selbst