Der frühere deutsche U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz hat das Tempo bei Reformen und Veränderungen im deutschen Fußball kritisiert und hält die sportlichen Misserfolge für eine logische Konsequenz.
Mittwoch, 28.06.2023
«Diese Ergebnisse sind ein Spiegelbild einer Entwicklung, die viele schon seit Jahren vorausgesehen haben. Es ist eine Art Blauer Brief für den deutschen Fußball, eine letzte Warnung», sagte der 60-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Die U21 war bei der EM erstmals seit 2013 wieder in der Vorrunde gescheitert.
Kuntz hatte die deutsche Nachwuchs-Auswahl von 2016 bis 2021 trainiert und auch in dieser Zeit immer wieder auf Fehlentwicklungen in der Nachwuchsarbeit hingewiesen. «Da muss man kein Prophet sein. Wenn man das sechs Jahre begleitet, sieht man natürlich den Mangel und das Manko», sagte der türkische Nationaltrainer, der die U21 dreimal in Serie ins EM-Endspiel und zu den Titelgewinnen 2017 und 2021 geführt hatte.
Kuntz: «Entscheidungen dauern zu lange»
Das größte Hindernis für zukünftige Erfolge sieht der Europameister von 1996 im fehlenden Tempo bei der Umsetzung von Reformen. «Das größte Problem: Es dauert, bis sich im deutschen Fußball etwas ändert. Jeder Vorschlag stößt zuerst auf taube Ohren. Dann gibt es Zweifel – warum brauchen wir denn diese Veränderungen, wieso ist die Reform überhaupt nötig?», sagte Kuntz. «Und diese Bedenken werden von den Leuten geäußert, die keine Spezialisten sind für Jugendfußball oder die Ausbildung von Talenten.»
Der Deutsche Fußball-Bund hatte 2018 mit dem Projekt Zukunft grundlegende Reformen in der Talente-Ausbildung in Deutschland auf den Weg gebracht. Die Umsetzung zieht sich seitdem auch wegen der vielen verschiedenen Interessen. Erst am Donnerstag hatte das DFB-Präsidium die lange geplante Reform der Nachwuchs-Wettbewerbe beschlossen. «Das Projekt Zukunft wurde vor vielen Jahren angestoßen und wird jetzt umgesetzt», bemängelte Kuntz. «Die Entscheidungen dauern in Deutschland viel zu lange.»(dpa)
Der Ball ist rund. Wäre er eckig, wäre er ja ein Würfel.
— Gyula Lorant