Jubelnde Menschen lagen sich in den Armen, Spieler hatten Glückstränen in den Augen und spritzten übermütig mit Wasser aus ihren Trinkflaschen auf ihre Teamkollegen.
Dienstag, 16.10.2018
Als nach 97 Minuten der zweite Pflichtspielsieg des Fußballzwergs aus Gibraltar feststand, gab es im mit über 2000 Zuschauern ausverkauften Victoria Stadium unterhalb des Affenfelsens kein Halten mehr.
Nachdem das Team im 23. Pflichtspiel seit Aufnahme in die Europäische Fußball-Union UEFA 2013 am Samstag in Armenien nach einem Hymnen-Chaos der erste Sieg überhaupt gelang, war der umkämpfte 2:1 (0:1)-Heimerfolg ein erneut historisches Ereignis für das nur 34.000 Einwohner zählende britische Überseegebiet am südlichen Zipfel des spanischen Festlandes. «Ich habe diese Woche Momente erlebt, die ich vielleicht in den nächsten Jahren in Worte fassen kann. Eine Woche voller Geschichte, die wir alle in Erinnerung behalten», twitterte Kapitän Roy Chipolina.
Der von den Fans am meisten umjubelte Spieler war sein Cousin Joseph Chipolina, der nur vier Tage nach seinem Siegtreffer in Jerewan nun beim 2:1 über Liechtenstein nach 66 Minuten erneut für das entscheidende Tor sorgte. Für den 30-jährigen Futsal-Spieler und Innenverteidiger vom Meister Lincoln Red Imps war eine Profi-Karriere bisher nur ein Traum. Nun genießt er in seiner Heimat immerhin Heldenstatus: «Hier werden gerade alle Straßen und Plätze nach Joseph #Chipolina umbenannt. Beängstigende Serie der neuen Soccernation No. 1!», postete ein Gibraltar-Fan via Twitter.
Liechtensteins Trainer Rene Pauritsch blieb in seiner Analyse sachlicher: «Die Mentalität und das Zweikampfverhalten haben den Ausschlag zugunsten des Teams aus Gibraltar gegeben», sagte der Österreicher. Sein Team war durch Dennis Salanovic vom FC Thun erwartungsgemäß in Führung gegangen (15.), doch George Cabrera (61.) und Joseph Chipolina sorgten innerhalb von nur fünf Minuten für die Wende.
Mit sechs Punkten nach vier Spielen ist für das Team des uruguayischen Trainers Julio Ribas nun sogar die EM-Qualifikation ein Thema, zumal man Spitzenreiter Mazedonien am 19. November zum womöglich entscheidenden Match der Gruppe vier in der Nations League D empfängt. Mut macht den Amateuren aus Gibraltar, dass Mazedonien bei den gerade von ihnen bezwungenen Armeniern am Dienstag mit 0:4 unterging. Die vier Gruppensieger der League D spielen in Playoffs den einzigen EM-Teilnehmer unter den Fußballzwergen aus.
Sowohl in der Qualifikation für die EM 2016 als auch der WM 2018 verlor Gibraltar noch alle Spiele. Unter anderem hatte man 2015 gegen Deutschland ein 0:7 einstecken müssen, Tiefpunkt war ein 0:9 gegen Belgien.
(dpa)
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— Berti Vogts