Erst Kritik, dann Triumph? Klinsmann und sein «Zombie-Team»

von Marcel Breuer | dpa11:37 Uhr | 05.02.2024
Südkoreas Trainer Jürgen Klinsmann trifft mit seinem Team im Halbfinale des Asien-Cups auf Jordanien.
Foto: Thanassis Stavrakis/AP/dpa

Jürgen Klinsmann lachte, verbreitete in typischer Art Zuversicht und ließ keine Zweifel am Glauben an den großen Triumph aufkommen. «Wir sind jetzt so weit gekommen. Wir wollen weiter. Wir sind hungrig, wir sind fit», sagte der Nationaltrainer Südkoreas im sonnigen Katar.

Ein Sommermärchen hat er als Coach schon verantwortet. Mit Südkorea will er nun im Emirat eine ganz besondere Geschichte schreiben. Fast unbeobachtet von der deutschen Öffentlichkeit hat der 59-Jährige mit dem Team um Bayern-Star Minjae Kim das Halbfinale beim Asien-Cup erreicht.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert wartet Südkorea auf einen Triumph bei der Kontinentalmeisterschaft. Am Samstag könnte es so weit sein. Dabei schien es schon so, als könnte Klinsmanns dritte Station als Nationaltrainer auf ein großes Missverständnis hinauslaufen.

Kritik von Südkoreas Medien

Von seinen ersten fünf Spielen als Coach der Taegeuk Warriors, wie das Team in der Heimat genannt wird, gewann der frühere deutsche Nationalstürmer und Bundestrainer kein einziges. Als er nach einem 0:0 in Wales im vergangenen September den walisischen Kapitän Aaron Ramsey nach dessen Trikot fragte, nahmen einige Fans ihm das übel.

Südkoreanische Medien kritisierten zudem, dass Klinsmann mehr Zeit im Ausland als in Südkorea verbringe - ein Problem, dass der Schwabe auch schon aus seiner Zeit als Bundestrainer kennt. Sein Lebensmittelpunkt in den USA stieß auch damals bei einigen Beobachtern auf Unverständnis.

Mit dem Erfolg der deutschen Mannschaft, die sich in die Herzen der Fans spielte und Dritter wurde, verstummte 2006 die Kritik. Knapp 18 Jahre später könnte sich Klinsmann auch in den südkoreanischen Geschichtsbüchern einen Platz als Fußballheld sichern.

Nun wartet Jordanien

«Wir haben noch zwei Spiele vor uns, in denen wir unser Land hoffentlich stolz machen können. Man kann es in den Augen der Spieler sehen, sie wollen ihr Land und ihre Freunde stolz machen. Sie wollen diese Trophäe nach Hause bringen», sagte Klinsmann mit Blick auf das Halbfinale gegen Jordanien am Dienstag (16 Uhr/MEZ), in dem er auf seinen gesperrten Abwehrchef Minjae Kim verzichten muss. Südkoreas letzter Sieg beim Asien-Cup gelang 1960.

Der großen Chance, die Sehnsucht der Fans nach einem Titel zu stillen, ist sich Klinsmann bewusst. Von seiner Energie hat der Motivationskünstler nichts verloren. Beim dramatischen 2:1 im Viertelfinale gegen Australien nach Verlängerung feuerte er seine Mannschaft fast ununterbrochen von der Seitenlinie aus an. Als der Halbfinaleinzug feststand, stürmte er jubelnd zu seinen Spielern um Siegtorschütze Heung-Min Son und herzte sie wie gute Freunde, während die mit eigenem Vorsänger angereisten Fans auf der Tribüne im Al-Janoub Stadium ausgelassen feierten. «Ich genieße jeden Moment dieses Turniers», sagte Klinsmann und es ist ihm anzusehen, dass er das auch so meint. «Es ist eine fantastische Erfahrung.»

Klinsmanns Credo, nie aufzugeben und die größten Ziele anzustreben, hat sich auf seine Mannschaft übertragen. In vier von fünf Spielen in Katar traf Südkorea in der Nachspielzeit - einmal profitierte es dabei von einem Eigentor. In den beiden K-o.-Partien retteten erst Treffer nach der 90. Minute das Team in die Verlängerung. Die Mannschaft hat sich bei seinen Fans den Ruf erarbeitet, nicht totzukriegen zu sein. «Zombie-Team» - so nennen die Anhänger ihre Landesauswahl mittlerweile. «Jeder Name ist okay für mich», kommentierte Klinsmann das mit einem Lächeln. 

Zweifel daran, dass sein Team nach zweimal 120 Minuten Spielzeit nacheinander müde sein könnte, wischt Superstar und Kapitän Son beiseite. «Müdigkeit, Erschöpfung, es darf keine Ausrede geben», sagte der Offensivmann von Tottenham Hotspur. «Wir werden weitermachen, um den Pokal zu gewinnen und ihn nach Hause zu bringen.» Sollte das gelingen, würden die Fans ihrem Trainer wohl jeden Trikotwunsch verzeihen.

(dpa)





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