Auf die drängende Frage nach einem Ersatz für Langzeitpatient Leroy Sané hat Joachim Löw gerade rechtzeitig vor dem schweren Start in die EM-Saison eine ideale Antwort: Timo Werner.
Timo Werner
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Der erstaunliche Leistungsschub des Stürmers - eindrucksvoll dokumentiert mit seinem ersten Dreierpack für RB Leipzig gegen Mönchengladbach - ist auch für den Bundestrainer perfekt.
«Das ist ein guter Beginn für Timo Werner. Und bei uns hat er auch eine große Wertschätzung», sagte Löw vor der Fortsetzung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation mit dem Top-Duell gegen die Niederlande am Freitag in Hamburg und drei Tage später beim Überraschungs-Tabellenführer Nordirland in Belfast.
Wenn Löw am 2. September seinen Kader in einem Luxushotel an der Außenalster in Hamburg empfängt, erwartet er einen plötzlich wieder selbstbewussten Stürmer. Dessen Platz im Nationalteam war noch beim Doppelspieltag im Juni infrage gestellt. Ganze 25 Minuten durfte er gegen Estland ran. Das reichte beim 8:0 gegen den Außenseiter zwar für sein bislang einziges DFB-Tor 2019. Doch im internen Ranking hatten Bayern-Stürmer Serge Gnabry, Dortmunds Kapitän Marco Reus und der nun am Kreuzband verletzte Sané den 23-Jährigen aus dem viel gepriesenen Turbosturm verdrängt. Im März hatte Löw beim wichtigen 3:2 gegen Oranje in Amsterdam sogar ganz auf Werner verzichtet.
Nun kommt der Stürmer mit besseren Gedanken und anderen Ansprüchen zur Nationalmannschaft. «Das fühlt sich richtig gut an», sagte er. Werners wundersamen Wandel mit fünf Toren in den ersten drei Saisonspielen sieht Löw auch in der geklärten Vertragssituation begründet. Für Werners Psyche sei das Hickhack um einen möglichen Wechsel zum FC Bayern nicht gut gewesen, der Angreifer benötige klare Verhältnisse, deutete Löw an: «Von daher denke ich, dass diese Ungewissheit für Timo persönlich nicht das allerbeste war.»
Werner selbst sieht das ein wenig anders. «Das darauf zu schieben, wäre zu einfach», sagte er, fügte aber auch an: «Das ist eine Sache, die neben dem Platz jetzt geklärt ist.» Und die Fakten nach der Unterschrift in Leipzig bis 2023 sind eindeutig. Sowohl bei Leipzigs 2:1 gegen Frankfurt war er mit seinem frühen Treffer der Matchwinner wie nun auch beim 3:1 in Gladbach. «Meine persönliche Meinung ist, ich finde es für den Timo so jetzt auch gut und richtig, dass er in Leipzig den Vertrag verlängert hat», meinte der Bundestrainer.
Schon vor dem Werner-Dreierpack hatte Löw nach der Kadernominierung einen ungewöhnlich tiefen Einblick in die Gefühlswelt des Angreifers gegeben. «Er definiert sich selber als Stürmer sehr über seine Torquote, die er hat, obwohl er andere gute Fähigkeiten besitzt», sagte der Bundestrainer. Ganze zwei Tore in acht Länderspielen in der Saison nach der für ihn trefferlosen WM 2018 müssen also an Werners Ego gehörig genagt haben. Die Karrieredelle soll nun aber überwunden sein. 2017 galt er als umjubelter Confed-Cup-Torschützenkönig schließlich schon als potenziell nächster deutscher Weltstar.
An Löws Wertschätzung mangelt es jedenfalls nicht. «Ich finde so einen Spielertyp wie den Timo Werner auch extrem wichtig, dass man so einen in der Mannschaft hat, der geradlinig zum Tor geht. Bei jeder Aktion geht er tief, das bringt schon für die eigene Mannschaft Vorteile und für den Gegner Unruhe und Verwirrung», sagte Löw.
Ein Startplatz gegen Oranje, der erste seit dem 2:2 gegen den großen Rivalen in der Nations League im November, als er prompt zum frühen 1:0 traf, zeichnet sich nun für Werner ab. «Wir wollen zur EM und der Weg dorthin führt über Holland. Wenn wir das schaffen, werden das super Spiele für mich und die Nation. Darauf freuen wir uns alle», sagte der Torjäger.
Mit zwei Siegen gegen Holland und Nordirland würde die in drei Partien bislang dreimal erfolgreiche DFB-Elf einen riesigen Schritt Richtung EM-Endrunde 2020 machen. «Das sind ganz wichtige Spiele für uns. Dadurch, dass wir den Auftakt gewonnen haben gegen Holland, ist es so, dass es auch entscheidend sein wird, das so fortzusetzen», sagte Torwart Manuel Neuer am Wochenende. «Das ist ein guter Gegner mit tollen Spielern. Das ist ein Duell auf Augenhöhe. Wir wollen zu Hause natürlich gewinnen», betonte Löws Kapitän.
(dpa)
Die rechte Außenbahn: die Problemzone von Berti Vogts.
— Bela Rethy