Makellos nach Moskau: Deutschland löst WM-Ticket glanzvoll

von Jean-Pascal Ostermeier | sid22:43 Uhr | 05.10.2017
Deutschland siegt in Nordirland 3:1 und löst WM-Ticket
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Makellos nach Moskau: Mit weltmeisterlicher Dominanz und traumhaften Toren hat die deutsche Nationalmannschaft ihr WM-Ticket gelöst und greift in Russland 2018 nach dem fünften Stern. Das abgeklärte Team von Bundestrainer Joachim Löw feierte gegen Nordirland beim 3:1 (2:0) den neunten Sieg im neunten Qualifikationsspiel und ließ an seiner Überlegenheit in Belfast nie einen Zweifel.

Sebastian Rudy (2.) knackte das berüchtigte nordirische Bollwerk blitzschnell mit einem fulminanten Fernschuss in den Winkel. Sandro Wagner (21.) mit seinem vierten Tor im vierten Länderspiel und der überragende Joshua Kimmich (86.) sicherten der DFB-Elf den WM-Platz - bereits vor dem Quali-Finale gegen Aserbaidschan in Kaiserslautern, wo es am Sonntag (20.45/RTL) noch um die erste "perfekte" WM-Qualifikation seit 1981 geht. Für die Gastgeber traf Josh Magennis )90.+3).

Doch, trotz allen Glanzes: Bei der Auslosung am 1. Dezember im Moskauer Kreml droht eine schwierige Gruppe mit einem früheren Weltmeister wie Frankreich, Spanien oder Italien. Anders als Deutschland wäre dieses Trio wie auch Chile, England oder Uruguay nach aktuellem Stand nicht als Gruppenkopf gesetzt. Löw bezeichnet die historische Titelverteidigung auch deshalb als "das Allerschwerste überhaupt".

Die eiserne Wand der Nordiren zu durchbrechen, die zuvor in acht Spielen nur zwei Gegentore kassiert hatten (beide gegen Deutschland), oblag in erster Linie Wagner. Den Hoffenheimer bot Löw in Abwesenheit von Timo Werner und Mario Gomez als Stoßstürmer auf. Thomas Müller startete als zweite, eher hängende Spitze - und als Kapitän, da Torhüter Manuel Neuer wie ein Dutzend anderer Startelf-Kandidaten fehlte.

"We're not Brazil, we're Northern Ireland", sang Nordirlands Green and White Army vor dem Anpfiff im kühlen, verregneten Windsor Park in einem Arbeiterviertel von Belfast. Löw erwartete ein knallhartes Spiel "mit Brisanz", zugleich "so etwas wie ein Finale". Der perfekte Start durch Rudys wunderbaren 25-Meter-Schuss nach 80 Sekunden erleichterte vieles. Es war das erste Länderspieltor des Bayern-Profis.

Dem weitestgehend in der Luft hängenden Angriff der Gastgeber stellte der Bundestrainer die Weltmeister-Innenverteidigung Mats Hummels/Jerome Boateng entgegen, Boateng spielte erstmals seit dem Hinspiel (2:0) vor einem Jahr. Links verteidigte Marvin Plattenhardt von Hertha BSC solide für den verletzten Kölner Jonas Hector.

Doch meist war nur die Abwehr der Nordiren in höchster Not: Wagner hätte nach einer Flanke des bärenstarken Kimmich von rechts beinahe mit der Brust zum 0:2 getroffen (4.), nach 16 Minuten köpfte er ebenfalls nach Vorlage Kimmichs an den Pfosten. Schließlich traf Wagner doch: mit einem präzisen 16-Meter-Schuss vorbei am verzweifelt herangrätschenden Gareth McAuley.

Generell rückten die deutschen Außenverteidiger weit auf, dadurch drängte der Weltmeister Nordirland energisch in die Defensive - der Ball zirkulierte wie am Schnürchen, der Gegner lief oft ratlos hinterher. Als erstmals Unruhe im deutschen Strafraum aufkam, war Torhüter Marc-Andre ter Stegen gegen Corry Evans hellwach (40.).

Auch nach der Halbzeitpause richteten sich die Nordiren gezwungenermaßen an kleinen Erfolgen auf. Jeder gewonnene Zweikampf, jeder Einwurf wurde von den 18.104 Zuschauern euphorisch bejubelt. Die Chancen jedoch hatte Deutschland: Einen Müller-Kopfball drehte Torhüter Michael McGovern in maximaler Streckung sehenswert um den Pfosten (51.).

Die Weltmeister konnten es sich sogar erlauben, das Spiel für einige Minuten dahinplätschern zu lassen. Löw, der im schwarzen Trenchcoat auf der Bank saß, wurde etwas unruhig, weil die Nordiren das Risiko erhöhten und deutlich früher angriffen.

Gefahr entstand dadurch allerdings nur einmal, als Conor Washington die Latte traf (77.). Der Weg nach Russland blieb frei. Nordirland hingegen wird wohl in die Play-offs einziehen.

(sid)



Wenn Uli Hoeneß sich früher so eingemischt hätte, hätte er von mir was auf die Schnauze gekriegt. Ich hätte gesagt, geh in dein Büro, die Erbsen zählen.

— Udo Lattek zur Kritik von Leverkusens Manager Reiner Calmund an dessen Mannschaft