Heute vor 39 Jahren: Die Schande von Gijon

von Jean-Pascal Ostermeier | sid07:49 Uhr | 25.06.2021
Das DFB-Team bei der WM 1982 in Spanien
Foto: FIRO/SID

Es war wohl das langweiligste Fußballspiel der Geschichte, der glanzloseste Sieg einer deutschen Nationalmannschaft - und ein dunkles Kapitel in der Historie des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Am 25. Juni 1982 verständigen sich Deutschland und Österreich im letzten Gruppenspiel der Weltmeisterschaft in Spanien nach dem frühen 1:0 durch Horst Hrubesch auf einen "Nichtangriffspakt".

Und die "Schande von Gijon" war geboren. Denn in den restlichen 80 Minuten wurde der Ball nur noch hin- und hergeschoben, durch den knappen deutschen Sieg waren beide Mannschaften weiter. Algerien, das zuvor die DFB-Auswahl beim 2:1-Sieg bis auf die Knochen blamiert hatte, schied ohne eingreifen zu können aus. Ein schwarzer Freitag, an dem die sportliche Fairness über Bord geworfen wurde.

Das spanische Publikum pfiff sich während des unwürdigen Schauspiels die Seele aus dem Leib und wedelte mit Taschentüchern, algerische Zuschauer hielten empört Geldscheine in die Kameras. ARD-Kommentator Eberhard Stanjek sprach von einer Schande, sein österreichischer Kollege Robert Seeger fordert die Zuschauer zum Abschalten auf.

"Das Geschrei ist groß gewesen, das Spiel war ja auch nicht zum Hinsehen", sagte der damalige Torhüter Toni Schumacher viele Jahre später. Die deutsche Mannschaft um Paul Breitner oder Karl-Heinz Rummenigge verlor trotz des späteren WM-Finaleinzugs viel Ansehen.

Die trotzigen Aussagen mancher Beteiligter setzten dem Ganzen die Krone auf. Uwe Reinders erklärte, es interessiere ihn nicht, "wenn Tante Frieda zu Hause Zirkus macht". Und auch Breitner wollte noch 2006 in einem ZDF-Interview nichts Verwerfliches festgestellt haben. Irgendwann beginne fast jedes Team, ein Ergebnis "zu verwalten", meinte er lapidar.

Österreichs Delegationsleiter Hans Tschak lag mit seiner Aussage indes völlig daneben. "Wenn jetzt 10.000 Wüstensöhne einen Skandal entfachen wollen, zeigt das doch nur, dass die zu wenig Schulen haben", sagte er: "Da kommt so ein Scheich aus einer Oase, darf nach 300 Jahren mal WM-Luft schnuppern und glaubt, jetzt die Klappe aufreißen zu können."

Die Kritik kam aus der ganzen Welt. Der niederländische Telegraaf schrieb, er habe "ein schmutziges Stück Fußball-Porno" gesehen, die französische Liberation urteilte damals: "Wenn die Algerier Rassismus rufen, haben sie nicht unrecht." Das spanische Blatt El Comercio veröffentlichte den Spielbericht bei den Polizeimeldungen unter "mutmaßlicher Betrugsfall".

Jahre später behauptet der Österreicher Walter Schachner, dass es sehr wohl Absprachen gegeben habe. Er selbst habe davon aber "nichts mitbekommen". Ob das stimmt? Schließlich war Schachner der Einzige, der nach dem Wechsel überhaupt noch einmal aufs gegnerische Tor schoss. Deutschlands Ex-Nationalspieler Willi Schulz sprach von einer "stillen Übereinkunft von 22 sportlichen Ganoven".

(sid)



Ich glaube nicht, dass ich bei 100 Prozent bin, das hat man, glaube ich, nicht erwarten können nach sechs Monaten Pause.

— Max Kruse