Nach über 13 Jahren als Fußball-Bundestrainer ist Joachim Löw längst ein Turnier-Veteran, den bei einer Auslosung nichts mehr umhauen kann - sicherlich auch nicht das besonders triste November-Grau in Bukarest.
Dienstag, 19.11.2019
Und trotzdem wird der 59 Jahre alte Löw am Samstag (18.00 Uhr) bei der komplizierten Ziehung der sechs EM-Gruppen in Rumäniens Hauptstadt ein seltsam anmutendes Novum erleben. Der ungewöhnliche Turniermodus mit Spielorten in zwölf Ländern und die Ermittlung der letzten vier EM-Teilnehmer erst Ende März 2020 führt dazu, dass Löw nach der Los-Zeremonie im Romexpo-Messezentrum nur zwei der drei Vorrundengegner kennen wird, gegen die er mit der Nationalmannschaft im kommenden Juni in München antreten muss.
«Eine Auslosung ist für mich keine Anspannung. Wir nehmen es, wie es kommt», sagte Löw trotz des EM-Wirrwarrs mit der ihm eigenen Gelassenheit. Denn eine Gewissheit wird er am Sonntag auf jeden Fall aus Rumäniens Hauptstadt mitnehmen: Erwischt Deutschland eine Hammergruppe - oder taugt die Gruppenphase mehr zum Einspielen?
«Mit der Auslosung bekommt ein Turnier sein Gesicht, daher freue ich mich auf die Reise nach Bukarest. Wenn wir unsere Gegner und weitere mögliche Konstellationen kennen, können wir in die weiteren konkreten Planungen einsteigen», sagte Löw.
Entscheidend ist, welche Gegner die als Kopf der Gruppe F gesetzte DFB-Auswahl aus den Lostöpfen zwei und drei fischt. Deutschland drohen im Extremfall Vorrundenspiele gegen Weltmeister Frankreich und Europameister Portugal. Es könnte aber eben auch eine angenehme Alpen-Gruppe mit den Nachbarn Schweiz und Österreich geben.
«Es ist immer interessant, welche Gegner man bekommt. Man kann sich dann mit ihnen beschäftigen», sagte Löw, der «viele starke Gegner» in den einzelnen Töpfen sieht: «Von daher ist vieles möglich.»
Deutschland ist als Gruppensieger der Qualifikationsrunde ebenso wie Italien, Belgien, England, Spanien und die Ukraine in Topf 1. Diese fünf Nationen scheiden damit als Gruppengegner aus. Aus Topf zwei sind vier von sechs Teams möglich: Neben Weltmeister Frankreich der WM-Zweite Kroatien, die Schweiz und Polen mit Bayern-Torjäger Robert Lewandowski. Aus Topf drei können Portugal, die Türkei, Österreich, Schweden oder Tschechien der deutschen Elf zugelost werden.
Erst beim vierten Topf wird es kompliziert - und die Auflösung erfolgt sogar erst im Frühjahr 2020. Insgesamt sieben Teams kommen aus dem vermeintlich schwächsten Lostopf infrage. Welche Nation Deutschland-Gegner ist, wird aber erst nach den Playoffs am 26. und 31. März feststehen. 16 Nationen spielen dann auf vier Wegen die letzten vier der insgesamt 24 EM-Teilnehmer aus.
Für Deutschland sind nur zwei der vier Pools interessant. Island, Bulgarien oder Ungarn kämen als Sieger der Playoff-Gruppe A in die deutsche Gruppe F. Setzt sich jedoch Rumänien durch, würde es als EM-Mitgastgeber der Gruppe C mit zwei Heimspielen in Bukarest und einer Partie bei Co-Gastgeber Niederlande zugeordnet.
Nur bei einer EM-Qualifikation Rumäniens würde der Gewinner des Playoff-Weges D mit Georgien, Weißrussland, Nordmazedonien und Kosovo zum DFB-Gegner. Keine dieser vier kleinen Fußball-Nationen könnte Löw schrecken. Die Weißrussen wurden schon in der souverän bestandenen Qualifikation für die Pan-Europa-EM zweimal souverän bezwungen.
Es gibt am Samstagabend sogar eine Gruppe, die praktisch schon vor der Auslosung feststeht. Russland (St. Petersburg) und Dänemark (Kopenhagen) spielen als Mitgastgeber automatisch in Staffel B. Belgien kommt aus Topf eins hinzu, weil die Ukraine als einzige Alternativnation wegen der politischen Konflikte mit den Russen nicht Kopf dieser Gruppe sein kann und somit in die Holland-Gruppe geht. Bei der Auslosung der Gruppe B geht es nun nur noch darum, ob sie von Wales oder Finnland komplettiert wird.
Fix ist auch schon, dass das DFB-Team um Kapitän Manuel Neuer am 16., 20. und 24. Juni 2020 drei Heimspiele in München bestreiten wird. «Das ist ein Vorteil», sagte Löw. Er denkt dabei auch an die wegfallenden Reisestrapazen. Die Nationalmannschaft wohnt während des Turniers in fränkischen Herzogenaurach beim DFB-Ausrüster Adidas.
Oliver Bierhoff schätzt den Heimvorteil für die nach dem WM-Desaster 2018 in Russland stark verjüngte DFB-Auswahl als extrem wertvoll ein: «Wir möchten mit attraktivem Fußball und guten Auftritten eine Begeisterung entfachen. Es ist wunderbar, dass wir alle drei Gruppenspiele vor heimischem Publikum in München absolvieren dürfen», sagte der DFB-Direktor. «Ich glaube, die Mannschaft wird diese Stimmung, Unterstützung und Begeisterung brauchen.» Vor allem, wenn es die Hammergruppe mit Frankreich, Portugal und Island geben sollte.
(dpa)
Der Andi Herzog stand damals schon unter Denkmalschutz.
— Ernst ,,Ernstl" Aigner, Austria Wien, der nach 6 Minuten nach Foul an Rapid-Star Andreas Herzog mit Gelb-Rot vom Platz musste.