Rainer Koch gibt auf - die Funktionärskarriere des umstrittenen DFB-Strippenziehers neigt sich nach der persönlichen Abstrafung auf dem DFB-Bundestag ihrem Ende zu.
Dreieinhalb Wochen nach der krachend gescheiterten Wiederwahl in das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Bonn zieht der 63 Jahre alte Jurist Konsequenzen aus der überraschenden und ihn zutiefst verletzenden Niederlage gegen Gegenkandidatin Silke Sinning.
«Ich selbst werde künftig meine persönlichen Prioritäten neu setzen und zum Jahreswechsel in meinen Beruf zurückkehren», äußerte Koch, der seinen Job als Richter in München zuletzt wegen der zeitlich aufwendigen Ämter im Fußball nicht mehr ausgeübt hatte, in einer Mitteilung des Bayerischen Fußball-Verbandes.
Koch hatte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin und dem neu gewählten DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf nach eigenen Angaben bereits direkt nach dem Bundestag seinen vorzeitigen Rückzug aus dem Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union angeboten. Zudem wird er Ende Juni nicht mehr - wie ursprünglich geplant - für eine weitere Amtszeit als Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes kandidieren. Auch diesen Entschluss hatte er dem BFV-Vorstand schon am 12. März mitgeteilt.
«Es stand für mich sofort außer Frage, dass ich das Ergebnis des DFB-Bundestags respektiere und im Interesse des BFV zu einem schnellen Wechsel in der Verbandsführung meinen Beitrag leiste.» Koch räumt damit nach 18 Jahren das Spitzenamt im größten der insgesamt 21 DFB-Landesverbände. Der Posten in Bayern war stets Kochs Machtbasis.
Der DFB nahm in einer ersten Reaktion Kochs Entscheidung erstmal wertfrei «zur Kenntnis». Man werde «die Situation im Präsidium und mit den zuständigen Stellen beraten». Diesen Beratungen wolle man nicht vorgreifen, hieß es auf eine dpa-Anfrage.
Koch spielte als langjähriger Erster Vizepräsident im von etlichen Affären und Präsidenten-Rücktritten belasteten DFB eine Rolle, die ihm zuletzt immer mehr Kritik eingetragen hatte. Den Neuanfang im DFB mit dem unbelasteten Seiteneinsteiger Neuendorf (60) wollten viele Delegierte nicht mehr mit Koch als Mitspieler angehen. Neuendorf bewertete die Abstimmungen auf dem Bundestag als «Beleg dafür, dass die Demokratie im Verband funktioniert».
Koch führte den Verband zwischenzeitlich auch dreimal als Interimspräsident an, zuletzt nach dem Rücktritt von Fritz Keller, mit dem es zuvor ein tiefes persönliches Zerwürfnis gegeben hatte.
Nach Kochs Abwahl hatte Neuendorf als neuer, starker Mann den Fokus auch schnell auf die internationalen Spitzenämter bei der FIFA und der UEFA gerichtet. Deutschland ist 2024 EM-Gastgeber, ein deutsches Regierungsmitglied im Dachverband darum besonders wichtig.
Koch ist in die UEFA-Exekutive noch bis zum Frühjahr 2025 gewählt. Das Amt wird mit über 150.000 Euro jährlich vergütet. Im Council des Weltverbandes FIFA wird der DFB von Peter Peters (59) vertreten. Der frühere Schalker Finanzvorstand hatte die Präsidentschaftswahl gegen Neuendorf verloren. Neuendorf kündigte eine Neubewertung der Lage an. «Rainer Koch und Peter Peters, unsere beiden Vertreter, haben bei den Abstimmungen klar verloren und haben kein Amt im Präsidium mehr.»
Koch hat die Zeichen der Zeit anscheinend erkannt. Er habe Ceferin und Neuendorf «angeboten, das UEFA-Exekutivkomitee zu verlassen, sobald ein Ausscheiden von mir aus dieser Funktion im Interesse des DFB und seines neuen Präsidenten sowie der UEFA für sachgerecht erachtet wird». Nachdem er seine Entschlüsse kundgetan hatte, brach er zu einer UEFA-Sitzung nach Nyon in die Schweiz auf. Es könnte eine seiner letzten UEFA-Dienstreisen sein. Als weiterer Deutscher gehört der frühere Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge als ECA-Clubvertreter dem europäischen Fußball-Exekutivkomitee an.
Die UEFA-Regularien sehen vor, dass Mitglieder des Exekutivkomitees in ihrem Nationalverband Präsident oder Vizepräsident sein müssen. Darum war Koch seine Wiederwahl so wichtig. «Wird diese Voraussetzung während der Amtsdauer von einem Mitglied nicht mehr erfüllt, so kann es die Position des Exekutivkomiteemitglieds für den Rest der Amtsdauer weiter bekleiden, es sei denn, sein Verband bittet die UEFA, ihn des Amtes zu entheben», heißt es in den Statuten. Peters soll sich gegen einen Verzicht auf sein lukratives FIFA-Amt angeblich sperren.
Koch war im DFB stets der Interessensvertreter der Amateure. Im Profilager hatte er viele Gegner. Das aktuell schlechte Ansehen des Verbandes wurde insbesondere auch mit seiner Person verknüpft. Er selbst fühlte sich dabei als Opfer einer öffentlichen Kampagne.
Auch auf dem BFV-Verbandstag Ende Juni in Bad Gögging wird es zu einer Planänderung kommen. «Der BFV als mit Abstand größter Landesverband ist mit keinem Vertreter mehr im 16-köpfigen DFB-Präsidium berücksichtigt. Unter diesen Umständen ist es für den BFV besser, wenn ich nach 18 Jahren nicht – wie eigentlich seit langem geplant – noch ein letztes Mal kandidiere», sagte Koch.
(dpa)
Die Bremer werden miteinander reden müssen, sie werden den Dialog suchen müssen.
— Klassische Doublette von Franz Anton Beckenbauer.