Beim Spiel mit dem runden Leder ist Olaf Scholz ein typischer Event-Fan. Er sei «bekanntlich nicht der große Fußball-Fachmann», gab der Bundeskanzler einmal zu, «doch bei großen Turnieren bin ich Fußball-Fan».
Vor allem die gerade beendete Europameisterschaft der Frauen in England hat Tribünengast Scholz begeistert - und zu einem Vorstoß veranlasst, der je nach Sichtweise gewagt, naiv, oder längst überfällig klingen kann.
Beim Treffen mit den Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) will der SPD-Politiker am Dienstag vor allem das Thema Bezahlung im Frauen- und Männerfußball diskutieren. Man werde sich darum nicht «herumdrücken», hatte Scholz beim Besuch des EM-Finals zwischen Deutschland und Gastgeber England gesagt: «Ich bin fest davon überzeugt, dass gleiche Bezahlung eine wichtige Rolle spielt, gerade wenn es um solche Wettkämpfe geht.»
«Große Ehre» für den DFB
DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff, der den Kanzler gemeinsam mit Präsident Bernd Neuendorf und Vizepräsidentin Célia Šašić am früheren Nachmittag auf dem DFB-Campus empfängt, freut sich auf den Austausch. Es sei eine «große Ehre», dass Scholz seine Einladung angenommen habe, sagte Bierhoff. Bei der Gelegenheit könne er ihn auch «ein bisschen besser über die Zahlen» aufklären.
Mit seiner während der EM auf Twitter abgesetzten Message mit dem Hashtag #equalpay (gleiche Bezahlung) hat Scholz sinnbildlich gesprochen in ein Wespennest gestochen. «Wir haben 2022. Frauen und Männer sollten gleich bezahlt werden», schrieb der 64-Jährige: «Das gilt auch für den Sport, besonders für Nationalmannschaften (...).»
Die Realität sieht anders aus. Für den EM-Titel hätten die DFB-Frauen jeweils 60.000 Euro bekommen, die Männer ein Jahr zuvor dagegen 400.000 Euro. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wünscht sich bei den Prämien zumindest eine Angleichung, «vielleicht irgendwann für den gleichen Titel auch das gleiche Geld», wie die 54-Jährige auf Bayern 1 sagte. Der Forderung nach einer generell gleichen Bezahlung schloss sich Voss-Tecklenburg aber nicht an: «Da muss ich dem Bundeskanzler widersprechen.»
Equal Pay ruft Skepsis hervor
Auch in der Beraterszene ist die Skepsis groß. «Ich tue mich schwer mit Equal Pay. In meiner Welt wird man über Angebot und Nachfrage bezahlt», sagte Jörg Neblung, der inzwischen 40 Klientinnen - darunter Torhüterin Almuth Schult - berät, dem Münchner Merkur. Laut seines Berufskollegen Felix Seidel werde das Thema derzeit mit «zu viel Populismus» bearbeitet, er kenne «keine deutsche Spielerin, die nach gleicher Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen schreit».
Die konkreten Forderungen des Frauen-Fußballs sind andere: Sichtbarkeit, Chancengleichheit, Akzeptanz. Anstoßzeiten zur Primetime wäre ein wichtiger Schritt. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von «t-online» will immerhin ein Drittel der befragten Fans die Frauen-Bundesliga künftig intensiver verfolgen.
Auch die Einführung von Grundgehältern wird gefordert. Nach wie vor gebe es Fußballerinnen, «die in der Bundesliga auflaufen und von ihrem Gehalt nicht mal ihren Lebensunterhalt finanzieren können», berichtete Seidel.
Wille zu Veränderungen ist da
Der Wille zu Veränderungen ist zumindest da. Man arbeite «mit dem DFB eng zusammen» und schaue, «wo wir bei der weiteren Professionalisierung unterstützen können», sagte Geschäftsführerin Donata Hopfen von der Deutschen Fußball Liga der «Süddeutschen Zeitung». Auch Bayern Münchens Präsident Herbert Hainer will die Entwicklung vorantreiben: «Fußball hat auch eine weibliche Seite, und die müssen wir alle gemeinsam noch viel mehr fördern.»
Es sei wichtig, «dass sich bekannte Persönlichkeiten für uns einsetzen», sagte Nationaltorhüterin Merle Frohms. Doch ähnlich wohlwollende Sätze hatten die Fußballerinnen schon nach der Heim-WM 2011 vernommen - geschehen war danach nur wenig. «Nicht nur reden, sondern Tatsachen folgen lassen», forderte daher Voss-Tecklenburg im ZDF-«Sportstudio». Aktuell habe sie aber das Gefühl, «dass es nicht nur Lippenbekenntnisse und Symbolpolitik sind».
Die Fußballerinnen werden also genau beobachten, was der Besuch von Scholz beim DFB konkret bringt.(dpa)
Lewandowski und Haaland in einer Mannschaft, das geht nicht. Das halte ich für Unfug.
— Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, in einem BILD am SONNTAG-Interview.