Mixed Zone

Al-Ahly-Trainer Weiler: „Wären in der Bundesliga vielleicht Achter“

von David Di Tursi14:51 Uhr | 20.04.2020
Rene Weiler wird Chef-Trainer bei Al-Shabab Riad
Foto: PIXATHLON/SID

Vor rund acht Monaten trat René Weiler sein Traineramt bei Al Ahly an. Der Verein aus Kairo ist im afrikanischen Fußball ein Schwergewicht und kann nicht nur 40 Meistertitel und 36 Pokalsiege vorweisen, sondern ist mit acht Triumphen auch Rekordsieger der CAF Champions League, dem Pendant zur europäischen Königsklasse. 60 Millionen Fans verfolgen die Auftritte von Al Ahly, das unter Weiler mit 16 Siegen aus 17 Spielen den besten Start der Vereinsgeschichte hingelegt hat. Im „kicker“-Interview berichtet der frühere Nürnberg-Coach über sein Abenteuer in Nordafrika.

René Weiler
GenfTrainerSchweiz
Zum Profil

„Die Spieler sind alle sehr stolz“

Das Coronavirus schränkt natürlich auch in Kairo das Leben erheblich ein, doch Weilers Spieler verhalten sich „gelassen und professionell.“ Ab 19 Uhr herrscht allerdings eine von Militär und Polizei streng überwachte Ausgangssperre, bis dahin könnten die Profis „mehr oder weniger ihr normales Leben führen.“ Trainiert wird aufgrund des geschlossenen Trainingszentrums jedoch individuell.

Gängige Vorurteile hinsichtlich mangelnder Professionalität sorgen beim Schweizer für Stirnrunzeln. „Ein Überwachen an sich ist nicht nötig, die Mannschaft hat eine sehr hohe Eigendisziplin“, stellt er klar. Lediglich in „gewissen Bereichen stimmt das Klischee der fehlenden Disziplin, da musst du hier flexibel und spontan sein.“ Das betrifft vor allem „den Umgang mit den Spielern. Die sind alle sehr stolz, vor allem wenn sie schon einige Titel gewonnen und damit eine gewisse Stellung innehaben.“

Weiler bleibt sich treu – und passt sich an

Von seinen Werten rücke der 46-Jährige dennoch nie ab. Nur müsse man sich „anpassen“ und könne „nicht überall der Gleiche sein“, erklärt er im Hinblick auf seine Prinzipien. „Mehr leisten als reden, ehrlich sein, zu anderen und zu sich selbst, auch wenn es mitunter unbequem ist. Dazu gehört auch, für den eigenen Standpunkt einzutreten“. Bei allem Erfolgsdruck gilt es dabei jedoch „stets menschlich-fair bleiben.“ Das heißt nicht, dass er seinen Starspielern „Kritik verschweige, ich muss es ihnen nur dezenter vermitteln.“

Nachdem ihm in Aarau der Durchbruch gelungen war, ging er im November 2014 zum damals wie heute abstiegsbedrohten Zweitligisten Nürnberg und führte die Franken nach der Rettung in der Folgesaison bis in die Bundesliga-Relegation, in der man Eintracht Frankfurt jedoch unterlag. Anschließend wurde er 2017 mit Anderlecht belgischer Meister.

„Kicken können sie hier alle“

Trotz Warnungen aus seinem Umfeld sei ihm der Schritt nach Kairo „leicht gefallen.“ Weiler ist „sehr dankbar und glücklich, diese Erfahrung machen zu dürfen“. Er genießt es, „eine andere Herangehensweise von Land und Mensch erleben“ zu dürfen. „Und es ist faszinierend, einen anderen Kontinent, eine andere Lebensart wie auch den Fußball hier kennenzulernen.“

Nachdem er in Belgien auf französisch gecoacht hatte, dirigiert Weiler sein Team nun auf englisch. „Die Spieler sind auf einem athletischen Top-Level, kicken können sie alle, und dies richtig gut. Von ihrer Mentalität her spielen sie viel lieber offensiv als defensiv, doch in den vergangenen Monaten haben sie da deutliche Fortschritte gemacht“. Ob Al Ahly auch in einer europäischen Top-Liga wie der Bundesliga bestehen könne, sei zwar „hypothetisch“, aber „es könnte sein dass wir Achter oder Zwölfter werden. Doch ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Worin ich mir jedoch sicher bin: Wir wären für jeden Gegner schwer zu schlagen.“

(fussballeck)





Lokvenc ist nicht wirklich Bezwinger der Erdanziehungskraft.

— ARD-Moderator Gerhard Delling über FCK-Stürmer Vratislav Lokvenc.