Abschied mit Stolz und Wehmut: Hrubesch letztmals als Coach

von Marcel Breuer | dpa14:15 Uhr | 12.11.2018

Es werden wohl die emotionalsten 90 Minuten im Trainerleben des Horst Hrubesch. Am Dienstag (16.00 Uhr) sitzt der 67-Jährige letztmals auf der Bank.

Nach dem Spiel der deutschen Fußball-Frauen gegen Spanien in Erfurt ist Schluss. Diesmal endgültig. Keine Verantwortung mehr im Traumjob, dafür eine Traumreise mit seiner Frau Angelika nach Neuseeland, Malaysia, Singapur, Hawaii und Las Vegas. «Das wollte ich schon immer tun, aber es war nie Zeit. Wann sollte ich die Reise sonst machen? Wenn ich 90 bin, kann ich nicht mehr fahren.»

43 Jahre hat Hrubesch im professionellen Fußball verbracht. Als Bundesliga-Spieler in Essen, Hamburg, Lüttich und Dortmund sowie als Nationalspieler. Seit 1986 als Trainer in Essen, Wolfsburg, Tirol, Rostock, Dresden, Wien, Samstunspor (Türkei), ehe 2000 seine DFB-Karriere begann. Mit den Jugendteams, der Olympia-Auswahl und nun zuletzt der Frauen-Nationalmannschaft feierte er Erfolge. Und schließlich wurde er auch noch Funktionär. Seit Januar 2017 ist er interimsmäßiger DFB-Sportdirektor.

«Jetzt ist der beste Zeitpunkt zum Aufhören. Wenn ich 60 wäre, würde ich vielleicht noch weiter machen. Aber ich werde nächstes Jahr 68, jetzt sind mal ein paar Jüngere dran», sagt Hrubesch. Der gelernte Dachdecker mit der Hünen-Figur wirkt dabei nicht sonderlich ergriffen. Doch innerlich dürfte es beim Gedanken an Abschied anders aussehen. Fußball war und ist das Leben von Hrubesch. Abwechslung fand er beim Angeln und in der Zucht von Edelbluthaflingern. Mittlerweile ist nur noch das Angeln übrig geblieben.

Dass Hrubesch nach dem Olympia-Silber von 2016 noch einmal auf die Trainerbank zurückkehrt, war nicht geplant. Aber es war eine der wichtigsten Erfahrungen in seinem Berufsleben. «Ich möchte die Zeit mit den Mädels auf keinen Fall missen. Wie sie sich einbringen, wie sie für ihren Sport leben. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, diese Mannschaft zu übernehmen», sagt er dankbar im Rückblick auf die Zeit seit März diesen Jahres.

Sieben Mal schickte er die Nationalmannschaft aufs Feld, siebenmal kam sie als Siegerin zurück in die Kabine und löste auch die Tickets für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Frankreich. «Ich habe viel vom Männerfußball zu den Frauen mitgebracht. Für mich war es immer wichtig, eine flache Hierarchie zu haben. Es geht immer um Verantwortung. Aber wenn ich den Spielerinnen Verantwortung übertrage, müssen sie die auch nehmen. Es geht immer um Eigenverantwortung und das gesamte Team. Ich muss als Trainer dafür sorgen, dass der Laden läuft. Aber ich bin nicht der Entscheider», erklärt Hrubesch seine Philosophie.

Ab 1. Januar ist Hrubesch dann wirklich nur noch Privatmann. Martina Voss-Tecklenburg, an deren Verpflichtung er selbst großen Anteil hatte, übernimmt. «Ich kann in jeden Fall ein gutes Feld hinterlassen. Sie muss dann schauen, was gefällt ihr, was nimmt sie mit? Aber sie wird auch ihre eigenen Ideen und Vorstellungen haben», sagt der Trainer. Voss-Tecklenburg sei schon jetzt «über jeden Schritt von uns informiert». Die Kommunikation lief in erster Linie über Co-Trainerin Britta Carlson, die als Assistentin der neuen Bundestrainerin bleiben wird.

Hrubesch scheidet im Frieden mit sich und der Fußball-Welt. «Wir wollten einen guten Aufbau. Der Rahmen stimmt. Da kann man gut drauf aufbauen. Es ist jetzt Martinas Aufgabe, den Weg weiterzugehen. Mit dieser Mannschaft musst du eigentlich um den Titel mitspielen», sagt er nicht ohne Stolz.

Aber sicher auch mit Wehmut. Die herrscht übrigens auch bei den Spielerinnen. Hrubesch habe sie sportlich, vor allem auch menschlich geprägt, sagt Sara Däbritz. «Wir spielen jetzt einen ganz ordentlichen Ball. Das haben wir ihm zu verdanken», erklärt Alexandra Popp. Der Trainer habe frischen Wind gebracht, Vertrauen gegeben, sei immer Ansprechpartner gewesen, lobt Sara Doorsoun. Man will den Kontakt halten. Die Mannschaft hat Hrubesch zur WM eingeladen. Insofern ist der Dienstag in Erfurt das Ende, aber kein Abschied.

(dpa)



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