Oranje nach K.o. «sehr enttäuscht» - Tschechen leben «Traum»

von Marcel Breuer | dpa07:11 Uhr | 28.06.2021
Der niederländische Trainer Frank de Boer übernahm für den überraschenden K.o. die Verantwortung. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa
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Was nun, Frank de Boer? Nach dem Aus der Niederlande im Achtelfinale der Fußball-EM gegen Tschechien musste sich der Bondscoach Fragen nach seiner Zukunft stellen.

De Boer blieb nach dem 0:2 (0:0) gegen den Außenseiter aber klare Aussagen schuldig. «Ich bin sehr enttäuscht. Jeder hatte eine andere Route im Kopf», meinte der 51-Jährige nach der bitteren Niederlage in Budapest über den so abrupt beendeten Marsch zum ersehnten Titel.

De Boer übernahm für den überraschenden K.o. die Verantwortung. Zugleich warb der frühere Weltklasseverteidiger jedoch um Zeit. «Im Moment ist man voller Emotionen», sagte er. «Ich werde in Ruhe darüber nachdenken. Ich habe jetzt einen heftigen Kater genau so wie alle Fans.»

De Boer hatte im September vergangenen Jahres das Amt übernommen und einen Vertrag bis nach der WM 2022 unterschrieben. Der Posten des Bondscoaches war nach dem Wechsel von Ronald Koeman zum FC Barcelona vakant gewesen. «Am Ende des Tages bin ich verantwortlich», sagte de Boer.

Mit drei Siegen war Oranje durch die Vorrundengruppe C gestürmt. Im ersten K.o.-Spiel war von den rasanten Angriffsfußball nur noch wenig übrig. Von der 55. Minute an spielten die Niederländer sogar in Unterzahl, nachdem Abwehrchef Matthijs de Ligt als letzter Mann im Zweikampf mit dem tschechischen Stürmer Patrik Schick wegen Handspiels die Rote Karte nach Videobeweis bekommen hatte.

«Das ganze Spiel war hart. Irgendwie sind wir nicht damit klargekommen, wie sie uns unter Druck gesetzt haben», beklagte Oranje-Kapitän Georginio Wijnaldum. «Wir konnten keine Räume schaffen.»

Tomas Holes von Slavia Prag (68. Minute) und der Leverkusener Schick (80.) mit seinem vierten Turniertreffer schossen den glückseligen Außenseiter aus Tschechien ins erste EM-Viertelfinale seit 2012. Dort wartet am Samstag in Baku Dänemark.

2004 bezwang Tschechien die Skandinavier im EM-Viertelfinale von Portugal sogar mit 3:0 und zog ins Halbfinale ein. Assistent von Karel Brückner war damals der aktuelle Nationaltrainer Jaroslav Silhavy. «Das wird ein sehr schweres Spiel», warnte der 59-Jährige. Wer Oranje schlägt, kann aber auch weiter bei der EM verblüffen. «Als Mannschaft können wir auch Dänemark überraschen», befand er. Genauso sieht das auch Angreifer Schick. «Wir haben die Niederlande geschlagen, warum sollen wir nicht auch Dänemark bezwingen?»

Selbst ohne ihren verletzten Kapitän Vladimir Darida von Hertha BSC erkämpften sich die Tschechen den verdienten Erfolg und tanzten nach dem Schlusspfiff über den Rasen der Puskas Arena.

Spielerisch sind sie limitiert, dafür zeichnet sie mannschaftliche Geschlossenheit aus - und Begeisterungsfähigkeit. «Das ist unwirklich, das ist ein Traum», meinte Mittelfeldspieler und Torschütze Holes. «Das war das beste Spiel meines Lebens.» Vielleicht wartet ja bei der EM noch ein weiteres auf ihn.

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(dpa)



Wir haben mit der notwendigen fairen Brutalität gespielt.

— Christian Beeck