DFB-Psychologe vor England: «Lieblingsgegner gibt es schon»

von Marcel Breuer | dpa18:10 Uhr | 27.06.2021
DFB-Teampsychologe Hans-Dieter Hermann (r) und Teamarzt Tim Meyer in Herzogenaurach. Foto: Federico Gambarini/dpa
Foto: Federico Gambarini

Die Fußball-Historie gegen England kann durchaus das aktuelle EM-Achtelfinalduell mit beeinflussen, ist aber eher ein psychologischer Nebenaspekt. Das machte DFB-Teampsychologe Hans-Dieter Hermann in einem Gespräch der «WAZ» und anderen Zeitungen deutlich.

«Deutschland hatte viele gute Ergebnisse gegen England, auch in Wembley. Aber ich weiß nicht, ob es wirklich ein psychologischer Vorteil ist. Möglicherweise machen sich eher die Engländer einen psychologischen Nachteil aus der Historie.»

Angst- oder Lieblingsgegner gebe «es schon» im Profifußball, bemerkte Hermann, der seit 17 Jahren mit Bundestrainer Joachim Löw und dem Team arbeitet. «Für unsere Mannschaft war beispielsweise Portugal auch in den vergangenen Turnieren oft der berühmte 'Dosenöffner'. Mit so einem Wissen im Hinterkopf geht man anders in ein Spiel. Trotzdem darf man es nicht dabei belassen. Jedes Spiel ist neu, jedes Spiel ist anders», sagte Hermann vor dem Klassiker am Dienstag im Achtelfinale in London.

Er glaube nicht, dass die Engländer «Angst haben, aber Respekt». Und natürlich merke man, dass die englischen Medien sich mit der Geschichte beschäftigen, sagte Hermann. Seit der Finalniederlage 1966 hat Deutschland bei großen Turnieren in sechs Spielen nur noch einmal verloren. «Es wäre jedoch Küchenpsychologie, sich selbst stärker zu reden, indem man die vermeintliche Angst des Gegners betont.» Der Bundestrainer werde sicherlich «vor allem auf die Stärken unserer Mannschaft» eingehen. Das sei «die psychologische Hauptbotschaft».

Der 61 Jahre alte Psychologe sieht Löw «sehr klar auf seinem Weg. Er ist absolut stabil in dem, was er will und was er entscheidet.» Der Bundestrainer arbeite «früher wie heute in erster Linie mit viel Vertrauen, was ich als Führungsstärke erlebe», sagte Hermann: «Und der Mensch Jogi Löw hat sich ohnehin nicht verändert.»

Sein letztes Turnier sei «bestimmt» anders für Löw als vorherige: «Einerseits bedeutet das möglicherweise etwas mehr Druck, weil der Abschluss immer die Gesamtbilanz mitbestimmt. Andererseits macht es auch noch mehr Freude. Alles, was gerade passiert, ist unwiederbringlich und noch werthaltiger», erklärte Hermann.

© dpa-infocom, dpa:210627-99-164062/2

(dpa)



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