Ausgerechnet Wembley - Kaum Chancen für Fans aus Deutschland

von Marcel Breuer | dpa15:23 Uhr | 24.06.2021
Deutsche Fans auf der Tribüne in München. Foto: Federico Gambarini/dpa
Foto: Federico Gambarini

England gegen Deutschland in Wembley. Eigentlich eine Aussicht, bei der jedem Fan der Nationalmannschaft das Herz aufgeht. Doch ausgerechnet jetzt steigen die Corona-Zahlen in Großbritannien wegen der als besonders ansteckend geltenden Delta-Variante wieder an.

Vor dem EM-Achtelfinale der deutschen Fußball-Nationalelf am kommenden Dienstag (18.00 Uhr) ist eines schon klar: Reisende Unterstützer des DFB-Teams werden es schwer haben.

Werden eingereiste Fans aus Deutschland beim Klassiker dabei sein?

Das ist sehr unwahrscheinlich. Nach aktuellem Stand müssten sich aus Deutschland angereiste Fans nach der Ankunft in Großbritannien zehn Tage isolieren, wobei Tag eins der Tag nach Ankunft ist. Man kann sich nach fünf Tagen freitesten lassen, aber auch das wäre zu knapp. Außerdem können beispielsweise für das Achtelfinale Italien gegen Österreich im Wembley-Stadion am Samstag nach Angaben des italienischen Verbands nur Fans Tickets kaufen, die ihren Wohnsitz auch in Großbritannien haben. Es scheint wahrscheinlich, dass es eine ähnliche Regel auch für das deutsche Spiel geben wird. Allerdings könnten so immerhin Fans der DFB-Elf in der Arena sein, die in Großbritannien leben.

Auch Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, glaubt nicht an Fanmassen aus Deutschland. Fans seien bekanntlich aber sehr kreativ. «Das werden aber höchstens Einzelfälle sein und wenn sie es schaffen, wird man sie vor Ort wohl nicht wahrnehmen», sagte er der dpa.

Wie ist die Stimmung unter den deutschen Fans?

Nach Aussage von Gabriel ist sie sportlich trotz der eher schwachen Leistung gegen Ungarn hoffnungsfroh, andererseits aber auch bedrückt bis verärgert. «England gegen Deutschland in Wembley und dann noch im Achtelfinale eines großen Turniers ist ein Spiel, bei dem jeder Fan unbedingt dabei sein möchte», sagte er. Man habe bei den drei Spielen in München erlebt, wie gut die Fans im Stadion die Mannschaft trotz der coronabedingten Einschränkungen unterstützt hätten. «Das dies in London nicht möglich sein wird, ist für die Fans wie ein Tiefschlag.»

Wie ist die Corona-Lage in Großbritannien?

Die Infektionszahlen sind wegen der starken Ausbreitung der Delta-Variante zuletzt deutlich gestiegen, aber die Zahl der Krankenhauseinweisungen und auch der Todesfälle bleibt bisher auf einem sehr niedrigen Niveau. 60 Prozent der Erwachsenen in Großbritannien sind nach Angaben der Regierung vollständig geimpft. Mehr als 80 Prozent haben demnach die erste Impfung erhalten.

Wie viele Fans dürfen überhaupt ins Stadion?

Zugelassen sind nach UEFA-Angaben 45.000, das wäre eine Auslastung von 50 Prozent. In der Vorrunde waren 22.500 erlaubt. Voraussetzung ist, dass man einen negativen Coronatest vorweisen kann, der nicht älter als 48 Stunden ist. Das wird auch streng kontrolliert.

Was sagen Virus-Fachleute?

Viele fürchten: Die Spiele in London vor so vielen Fans stellen ein Corona-Risiko dar. Es bestünde unter anderem auch die Gefahr, dass Zuschauer aus dem Ausland die Variante mit in ihre Heimatländer bringen. «Wer nach Großbritannien fährt, läuft Gefahr, sich mit der Delta-Variante zu infizieren. Wir können davon ausgehen, dass 95 Prozent aller Covid-Erkrankungen in Großbritannien auf die Delta-Variante zurückgehen», so der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery. Auch die Finalspiele der EM ausgerechnet in der englischen Hauptstadt seien wegen der gefährlichen Delta-Variante «keine gute Idee», sagte Thomas Mertens, der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission. Er rät, den Reiseverkehr nach London zum Spiel stark zurückzufahren und zu kontrollieren.

Muss die deutsche Mannschaft nach der Rückkehr vom Spiel in Quarantäne?

Nein. Für die Fußball-Europameisterschaft gelten in Deutschland Ausnahmen von der Corona-Quarantänepflicht. Von dieser bis zum 28. Juli befristeten Ausnahme-Regelung für die EM ist jeder erfasst, der zur Teilnahme, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung internationaler Sportveranstaltungen durch das jeweilige Organisationskomitee akkreditiert worden ist.

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(dpa)



Ob Felix Magath die Titanic gerettet hätte, weiß ich nicht. Aber die Überlebenden wären topfit gewesen.

— Jan-Aage Fjörtoft