Löw in Zugzwang: Hummels-Rufe werden lauter

von Marcel Breuer | dpa13:03 Uhr | 21.10.2019
Die Rufe nach dem Dortmunder Mats Hummels (r) werden lauter. Foto: Guido Kirchner/dpa
Foto: Guido Kirchner

Der Druck auf Fußball-Bundestrainer Joachim Löw wächst. Das nun von Uli Hoeneß vorausgesagte Saison- und EM-Aus für Bayern-Abwehrchef Niklas Süle nach dessen Kreuzbandriss lässt für die meisten Experten nur einen Schluss zu:

Der bei Borussia Dortmund aktuell sportlich überragende Mats Hummels muss für das Nahziel EM 2020 zurück ins Nationalteam. «Eigentlich gibt es keine Alternative zu Mats Hummels», sagte Ex-Nationalspieler Thomas Helmer bei «Sky90».

Der frühere Champions-League-Sieger und heutige Sky-Experte Dietmar Hamann pflichtete vehement bei: «Er war der beste Innenverteidiger und ist es immer noch. Für mich steht es außer Diskussion, dass Hummels nächstes Jahr für uns spielen muss.» Auch Deutschlands Rekordnationalspieler Lothar Matthäus erneuerte unter dem Eindruck von Süles schwerer Verletzung beim 2:2 des FC Bayern in Augsburg seine Forderung nach einem Umdenken bei Löw. Ob dieser sich von der öffentlichen Meinung treiben lässt, darf aber bezweifelt werden.

«Es gibt aktuell keine Veranlassung, den Mats zu nominieren», hatte Löw trotz großer Personalnot erst vor rund zwei Wochen vor den Spielen gegen Argentinien und in Estland über den BVB-Abwehrchef gesagt. Der Bundestrainer hatte das damalige Bayern-Trio Hummels (30), Jérôme Boateng (31) und Thomas Müller (30) im März aus dem Nationalteam ausgemustert und den personellen Umbruch forciert.

Löw ist gewillt, den Verjüngungsprozess konsequent fortzusetzen. Zuletzt berief er sogar Freiburgs Robin Koch nach Verletzungen der etablierten Matthias Ginter (Mönchengladbach) und Antonio Rüdiger (FC Chelsea) ins Nationalteam, anstatt Hummels zurückzuholen.

Nachdem der von Löw als Abwehrchef eingeplante Süle zum zweiten Mal in seiner Profi-Laufbahn einen Kreuzbandriss im linken Knie erlitt, hat sich eine neue Situation ergeben. «So eine Verletzung ist ein Drama», sagte Bayern-Präsident Hoeneß am Montag und mutmaßte: «So wie es ausschaut, ist die Saison ja beendet, die Europameisterschaft ist ad acta gelegt, die können Sie total vergessen.»

Hummels wäre einem DFB-Comeback bestimmt nicht abgeneigt. Öffentlich hält sich der Weltmeister von 2014 mit Äußerungen aber zurück. Seinem früheren Bayern-Kollegen Süle spendete Hummels am Wochenende Trost und übermittelte über die sozialen Netzwerke «Gute Besserung». Ansonsten macht Hummels exakt das, was er nach seiner Rückkehr nach Dortmund im Sommer als Parole ausgegeben hatte: Wenig sprechen und dafür viel leisten.

«Er war und ist der beste Abwehrspieler in Deutschland», urteilte BVB-Sportchef Michael Zorc zuletzt angesichts der Leistungen von Hummels Woche für Woche. «Natürlich würde Mats aufgrund seiner Leistung jede Mannschaft stärker machen», warb BVB-Kapitän Marco Reus bereits im Rahmen der letzten Länderspiele für den Vereinskollegen.

Hummels demonstrierte seine Extraklasse auch beim Dortmunder Sieg im Bundesliga-Topspiel gegen Tabellenführer Borussia Mönchengladbach. «Wenn es nach Leistung geht, bricht Löw sich auch keinen Zacken aus der Krone, wenn er da zurückschwenkt», sagte Europameister Helmer nach dem 1:0 des BVB. Öffentlicher Widerspruch war nicht zu hören.

Zweifler auch im Umfeld des BVB gab es nach Hummels Rückkehr im Sommer einige. Sie scheinen bekehrt. Auf Anhieb nahm Hummels die Rolle des Abwehrchefs ein. Seine Führungsrolle im Team ist unbestritten, sein Einfluss so groß wie der von Kapitän Reus.

«Er bringt uns viel Qualität, nicht nur sportlich. Ich denke, er gibt unserem Spiel auch etwas, was in der vergangenen Saison vielleicht ein bisschen gefehlt hat», sagte Reus über den zweiten großen Führungsspieler im Team. Leistungsmäßig gibt es kaum Zweifel daran, dass Hummels trotz der bekannten Tempodefizite in seiner aktuellen Form ins Nationalteam gehört. Ob der 70-malige Nationalspieler im Sommer 2020 bei der EM-Endrunde aufläuft, entscheidet aber Löw.

(dpa)



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