Handspiel-Debatte nach deutschem EM-Aus

von Marcel Breuer | dpa21:57 Uhr | 05.07.2024
Spaniens Marc Cucurella (M) bekommt den Schuss von Deutschlands Jamal Musiala an den Arm.
Foto: Tom Weller/dpa

Handelfmeter? Oder nicht?! Die Ex-Nationalspieler Michael Ballack, Shkodran Mustafi, Moderator Johannes B. Kerner und Schiedsrichter Patrick Ittrich haben sich beim Streamingdienst MagentaTV nach dem deutschen EM-Aus gegen Spanien im Viertelfinale über mehrere Minuten ein Wortgefecht wegen einer strittigen Szene in der Verlängerung geliefert. Marc Cucurella hatte einen Schuss von Jamal Musiala im Strafraum an den Arm bekommen, der englische Schiedsrichter Anthony Taylor entschied aber nicht auf Strafstoß.

Ballack tobt

«Ein klareres Handspiel gibt es nicht im Fußball», sagte der verärgerte Ballack. «Das ist eine klare Fehlentscheidung.» Er wisse nicht, ob Taylor und sein Team sich «aus Angst oder Respekt» gegen einen Elfmeter entschieden hätten. Offen blieb, ob Niclas Füllkrug bei der vorausgegangenen Vorlage für Musiala nicht ohnehin im Abseits gewesen wäre.

«Die Sachlage ist in der Tat so, dass der Schiedsrichter sachlich und unemotional entscheiden muss», sagte Bundesliga-Schiedsrichter Ittrich. «Man muss es regeltechnisch analysieren: Was macht der Spieler aus der Sicht des Schiedsrichters? Der Spieler zieht während des Schusses die Hand aus der Schussbahn zurück.» Auch deshalb habe der Videoschiedsrichter (VAR) nicht entscheidend eingegriffen. Der Experte sprach von einem «Handspiel-Dilemma». Es gebe «einen Ermessensspielraum im Fußball».

Das wollten Ballack und Mustafi nicht akzeptieren. «Es ist ja egal, ob er versucht, die Hand wegzuziehen, er steht im Weg», sagte Mustafi. Ballack meinte: «Es ist ein Torschuss, er blockt ihn mit abgespreizter Hand. Für was willst du sonst noch Elfmeter geben?» Auch Kerner schaltete sich immer wieder in die Diskussion ein.

VAR in diesem Fall keine Option

«Wenn man ihn pfeift, kann man sagen, das ist richtig, den kann man geben. Das ist das Ermessensdilemma bei der Handspielregel», sagte Ittrich. «Ich bin ja gar nicht weit weg von euch, ich habe nur gesagt, dass der Videoassistent da nicht reingehen kann.» Dieser müsse nämlich «Bilder liefern», die den Schiedsrichter «von dem überzeugen, was er gesehen hat, oder eben nicht».

In der ARD sagte die frühere Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb: «Der Schuss kommt aus einer kurzen Distanz, ist wahnsinnig scharf geschossen. Ist es eine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche – ja oder nein? Der Schiedsrichter hat sich dafür entschieden, dass es eine relativ natürliche Bewegung ist.» Der Videoassistent könne nicht unterstützen, «weil es keine glasklare Fehlentscheidung ist». Sie könne es «nachvollziehen, glaube aber, dass eine andere Entscheidung auch möglich gewesen wäre», sagte Steinhaus-Webb. 

(dpa)





Manchmal glaube ich kaum, dass ich da auch mitgespielt habe.

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