Englands Fußballstars quälen sich weiter durch die EM - können aber plötzlich Elfmeter verwandeln. Nach einer erneut düsteren Leistung setzte sich die Mannschaft von Gareth Southgate im Viertelfinale gegen die Schweiz mit 5:3 vom Punkt durch und darf weiter vom ersten großen Titel seit dem WM-Triumph im eigenen Land 1966 träumen. Das Achtelfinale gegen die Slowakei hatte England nach einem Comeback in der Verlängerung gewonnen, gegen die Schweizer stand es nach 120 Minuten 1:1 (0:0).
Torwart Jordan Pickford hielt entscheidend gegen Manuel Akanji und stemmte sich damit auch gegen den Fluch: In Englands zehntem Elfmeterschießen bei einem großen Turnier war es erst der dritte Sieg.
Doch im Halbfinale am Mittwoch (21.00 Uhr) in Dortmund braucht das Team definitiv eine Leistungssteigerung, um die Niederlande oder die Türkei zu bezwingen. Gegen die Schweizer, die ihren ersten Halbfinaleinzug bei einem großen Turnier trotz der zwischenzeitlichen Führung durch Breel Embolo (75.) verpassten, sorgte Bukayo Saka (80.) für die Verlängerung, die torlos blieb.
Unter den Augen von Prinz William auf der Ehrentribüne entwickelte sich ein zähes Spiel, in dem beide Teams das Risiko scheuten. Bei gegnerischem Ballbesitz zogen sie sich weit zurück, Harry Kane verteidigte mitunter 35 Meter vom eigenen Tor entfernt. Dadurch boten sich kaum Räume, um für Gefahr zu sorgen - und bei Ballgewinnen war der Weg nach vorne entsprechend weit.
England versuchte es über die rechte Seite mit Saka, doch die Hereingaben des Flügelspielers waren nicht präzise genug. Auch Phil Foden, der wie von vielen Experten gewünscht zentral auflaufen durfte, hatte wenig Einfluss aufs Spiel. Bezeichnend für die erste halbe Stunde war eine Ecke der Engländer, die derart schlampig ausgespielt wurde, dass Kyle Walker unter dem Spott der Fans in Bedrängnis zum eigenen Torhüter Jordan Pickford passen musste.
Torchancen gab es in der ersten Halbzeit nicht einmal im Ansatz - die Statistiker zählten vor der Pause null Torschüsse für beide Teams. Auch Bayern-Star Kane war zumeist mit fruchtloser Laufarbeit ausgelastet. Englands brillant besetzte Offensive kam überhaupt nicht in Schwung, wie bereits im gesamten Turnierverlauf wirkte es nicht so, als ob endlich die Teile ineinander klicken würden. England spielte weiter mit der aufregendsten Mannschaft den langweiligsten Fußball.
Die Schweizer mühten sich, selbst für Gefahr zu sorgen, fanden im dichten Geflecht englischer Abwehrbeine keine Lücken. Immerhin gewannen sie das zähe Rennen um den ersten Torschuss der Partie: Doch Embolos Versuch (51.) war harmlos. In einem weiter sehr zähen Spiel übernahm nun die Schweiz etwas mehr die Kontrolle, während England weiterhin enttäuschte.
Kapitän Kane sah nach einem Ellbogeneinsatz gegen Manuel Akanji Gelb (67.) und verteidigte einmal stark vor dem eigenen Strafraum. Doch ins Offensivspiel war Englands bester Torschütze weiter nicht eingebunden.
Mit einer Einzelaktion konterte Saka dann die Führung, Kane musste zehn Minuten vor Ende der Verlängerung angeschlagen vom Platz. Die Schweizer liefen an, der eingewechselte Xherdan Shaqiri traf mit einer direkten Ecke den Pfosten - doch im Elfmeterschießen erzwang England tatsächlich noch den Sieg.
(sid)
Wenn ein Trainer so etwas sagt, muss man ihn nicht entlassen, sondern erschießen.
— Udo Lattek zu Thomas Hörsters Aussage, er habe die Hoffnung aufgegeben