Kleiner Dämpfer für Nagelsmann: Mexiko rüttelt die DFB-Abwehr durch

von Jean-Pascal Ostermeier | sid07:43 Uhr | 18.10.2023
Kleiner Dämpfer für Nagelsmann: Mexiko rüttelt die DFB-Abwehr durch
Foto: sid

Die frisch entfachte deutsche Fußball-Euphorie hat einen kleinen Dämpfer bekommen. Der phasenweise heftig schimpfende Bundestrainer Julian Nagelsmann und seine Nationalmannschaft verpassten auf der zweiten Station ihrer umstrittenen USA-Reise den zweiten Sieg - beim 2:2 (1:1) gegen Mexiko war in feuriger Atmosphäre vor allem die Defensive zu anfällig. 

Nach einer schwachen Anfangsviertelstunde sah Nagelsmann zunächst eine klare Verbesserung, Antonio Rüdiger (25.) traf im Lincoln Financial Field von Philadelphia vor 50.000 fanatischen Mexikanern unter den 62.284 Zuschauern zur Führung. Starke Angriffe wechselten sich mit schlimmen Schwächen in der Verteidigung ab: Uriel Antuna (37.) nutzte eine doppelte Schläfrigkeit von Rüdiger und Niklas Süle zum Ausgleich, beim Tor von Erick Sanchez (47.) waren Robin Gosens und Süle unaufmerksam. Joker Niclas Füllkrug (51.) schlug aber umgehend zurück. Dennoch wäre ein Sieg Mexikos verdient gewesen.

Der neue Bundestrainer kann die Amerika-Reise insgesamt als gelungen abhaken: Die sportliche Richtung stimmt, ein Neuanfang ist nach der Entlassung von Hansi Flick gemacht. Es gab keine schwerwiegenden Verletzungen, aber einigen Anlass zur Hoffnung auf eine erfolgreiche Heim-EM im kommenden Sommer. Im November will Nagelsmann gegen die Türkei und Österreich weiter an Spielidee und EM-Elf feilen.

Nebenan spielten die Philadelphia Flyers NHL-Eishockey, gegenüber die Philadelphia Phillies Play-off-Baseball - die Stadt feierte einen sportlichen Festtag. Auf dem Gelände und den Zufahrten bedeutete das ein Gedrängel von etwa 120.000 Menschen, beide (Fußball-)Teams standen im Stau. Wer das Spiel in der deutschen Nacht sehen wollte, musste sich eine weitere Viertelstunde bis 2.15 Uhr gedulden. 

Nagelsmann, nicht mehr im Premieren-Hemd, das er beim RTL-Spendenmarathon versteigern wird, sondern in unauffälligem Dunkelblau, nahm es locker. Er wolle "die Reise positiv abschließen", sagte er vor dem Anpfiff der ARD - mit zwei Änderungen gegenüber dem 3:1 gegen die USA: Thomas Müller gab in seinem 125. Länderspiel etwas unglücklich die einzige Spitze, Süle ersetzte Mats Hummels, rückte aber auf die rechte Abwehrseite. Innen spielte Jonathan Tah neben Rüdiger.

Im ersten Duell mit Mexiko seit der WM 2018 (0:1) standen elf Gegenspieler auf dem Platz - und extrem viele Mexikaner auf den Tribünen. Vielleicht war es auch die nach Torschüssen eingespielte Musik, die Torhüter Marc-Andre ter Stegen in einer nervösen Anfangsphase zu einem Fehlpass im Strafraum verleitete, dieser blieb ungesühnt (3.). Florian Wirtz (5.) hatte die erste Chance.

Der deutschen Mannschaft fehlten Ruhe und Konsequenz in den Zweikämpfen, Mexiko hatte Platz, Wirtz und Jamal Musiala waren vorne ohne Wucht. Nagelsmann klatschte, feuerte an: Und er sah, wie sein Stratege Ilkay Gündogan nach 20 Minuten das Spiel in die Hand nahm.

Der zweite gefährliche Leroy-Sane-Eckball innerhalb weniger Sekunden saß: Rüdiger köpfte nach Verlängerung von Gosens ein und karikierte bei seinem Jubel die Kritik an seinem zackigen Laufstil. Die DFB-Elf kombinierte sich nun immer wieder gefällig nach vorne, defensiv blieben Anfälligkeiten. Rüdiger klärte nicht vernünftig, Süle blieb gegen Hirving Lozano zu passiv - schon stand es 1:1. Unmittelbar zuvor hatte Müller ein Abseitstor erzielt.

Nach der Pause ging es Schlag auf Schlag. Gosens verhinderte vor dem zweiten Gegentor Antunas Flanke nicht, Süle gegen Sanchez zu spät. Füllkrug, zur zweiten Halbzeit für Müller gekommen, erzielte nach einem Abschluss des nun deutlich stärkeren Wirtz ein klassisches Abstaubertor. Nagelsmann nutzte die letzte halbe Stunde, um einige personelle Varianten durchzuspielen. Auch Leon Goretzka bekam noch seinen Einsatz, Kevin Behrens von Union Berlin wurde zum zweiten Debütanten unter Nagelsmann nach Chris Führich.

Füllkrug flog mit seinen BVB-Kollegen noch in der Nacht mit dem Privatjet nach Hause, weil bereits am Freitag in der Bundesliga das Spiel gegen Werder Bremen ansteht.

(sid)



Warum? Weil mein Garten in München zu klein ist!

— Stefan Effenberg, FC Bayern, auf die Frage, warum er die Münchner verlassen will.