Die Chancenverwertung im deutschen Sturm lässt enorm zu wünschen übrig. In den letzten drei Spielen brauchte die Nationalelf 52 Torschüsse für drei Tore. Gegen Polen erzielte man trotz 26 Torschüssen keinen einzigen Treffer. Eigentlich ist die deutsche Offensive auch sehr gut besetzt, aber wieso bleibt der Torerfolg dann zumeist aus?
Deutschland
•Fifa-Weltrangliste: 10•Stand:
Havertz, Wirtz, Gnabry, Füllkrug und viele mehr bilden, zumindest auf dem Papier, ein respektabel besetztes und ausgewogenes Offensiv-Ensemble. Junge Talente wie Musiala oder Wirtz können von den erfahreneren Spielern lernen und diese irgendwann in dieser Mentoren-Rolle für die nächste Generation ablösen. Zudem entsteht durch die hungrige jüngere Generation Wettbewerb um die Stamm- und EM-Plätze, der eigentlich guten Ansporn bieten sollte. Ansporn ist, insbesondere in den letzten Testspielen, nur zu wenigen Zeitpunkten und auch nur bei wenigen Spielern zu erkennen.
Einige dieser Offensivakteure haben auch eine starke Saison hinter sich. Aber, wie auch İlkay Gündoğan, scheinen die meisten dieser Hochkaräter an die beeindruckenden Leistungen im Verein international nicht anknüpfen zu können. Immer wieder blitzt mal die Vereinsform hervor, aber besonders in Sachen Konstanz und Motivation fehlt der deutschen Nationalelf einiges. Das könnte natürlich in Teilen an der langen Saison, inklusive eingeschobener und durchaus frustrierend verlaufener WM liegen.
Seitdem Miroslav Klose in Ruhestand gegangen ist, fehlte bislang die Konstanz vorne im Sturm. Es brauchte einen echten Neuner mit Weltklasse, auf den man sich verlassen kann, die Dinger reinzumachen. Ein Niclas Füllkrug scheint da doch zumindest in Teilen die Lösung zu sein: ein echter Neuner als Zielspieler für Kimmich und die anderen talentierten Flankengeber im Mittelfeld. Zudem ist er einer der wenigen, die in der Lage sind, die gute Form aus der Bundesliga auch in Nationalmannschaftsspielen zu zeigen. Im Nationalmannschaftstrikot trifft er regelmäßig: sieben Tore in neun Spielen sind äußerst sehenswert.
Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Heim-EM sind also theoretisch gegeben: Die Offensive ist gut und breit aufgestellt und man hat endlich den Spieler, der die Lücke, die Miroslav Klose hinterließ, füllen könnte. Aber es scheint aktuell entweder die Motivation oder die Energie zu fehlen, um das Potenzial auf den Rasen zu bringen. Vor dem Hintergrund der letzten beiden Turniere bleibt jedoch abzuwarten, ob sich diese rechtzeitig finden lassen.
Was meine Friseur betrifft, da bin ich Realist.
— Rudi Völler