Wie viele Spieler, mit Timo Werner braucht die deutsche Nationalmannschaft noch, um zu merken, dass ein richtiger Stoßstürmer im aktuellen Weltfußball unabdingbar ist? Laut verschiedensten Statistiken kein einziges mehr. Laut der Nominierung der Nationalmannschaft wohl höchstens drei Spiele in der Gruppenphase der WM. Könnte Niclas Füllkrug nun der Spieler sein, den man beim DFB effektiv seit Miroslav Klose vermisst?
Niclas Füllkrug
West Ham•Angriff•Deutschland
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Premier League
Dass in der deutschen Nationalelf seit Miroslav Klose kein richtiger 9er jemals wieder glänzen konnte, dürfte den Meisten aufgefallen sein. Es ist nicht so, dass man es nicht versucht hat. Lukas Nmecha oder Kevin Volland haben ihr Bestes getan. Kai Havertz und Thomas Müller haben außerhalb ihrer gewohnten Position noch gewisse Schadensbegrenzung betrieben. Havertz in diesem Fall noch am besten. Timo Werner war auch da. Aber keiner dieser Spieler konnte jemals das Verlangen nach einem richtigen Stoßstürmer erfüllen.
Woran erkennt man den Trend des Mittelstürmers? Pep Guardiola, der eigentlich oft genug ohne wahren Mittelstürmer gespielt hat, hat jetzt mit Erling Haaland eine Anspielstation in der Spitze, wie es sie im aktuellen Weltfußball nicht besser gibt. Der FC Barcelona, der eigentlich (auch durch den Einfluss von Pep Guardiola) nie auf einen Mittelstürmer angewiesen war, spielt jetzt mit Robert Lewandowski vorne. Ebenfalls kann man jetzt Beispiele aufführen, in denen Verein ohne Mittelstürmer inzwischen in einem Formtief sind. Dazu gehören in der Bundesliga RB Leipzig und der FC Bayern. International der FC Chelsea oder der FC Liverpool (mit Darwin Núñez in einem Formtief).
Warum sollte man also als Nationalmannschaft sich nicht auch mal für Niclas Füllkrug entscheiden? Fünf Tore in sieben Spielen, durchschnittlich 5,23 Kopfballduelle gewonnen, wodurch er, laut „fbref“ zu den besten elf Prozent in Europa zählt, mehr Kopfballtore in diesem Jahr als Havertz oder Nmecha. Kurzum einfach eine Art von Spieler, die der DFB dringend braucht und die in den vergangenen Jahren nicht aus den Akademien des Landes entsprungen sind. Das hat Gründe, die jetzt zu allumfassend sind, um sie genaustens zu beleuchten. Fest steht: Man hat beim DFB ein Ende des klassischen Mittelstürmers prophezeit und genau das Gegenteil ist eingetreten.
Was aktuell für Timo Werner spricht, ist einzig und allein die Tatsache, dass er schon immer dabei war und dass ein neues Gesicht vielleicht die Statik im Team verändern kann. Dieses Gegenargument klingt sehr mager und das ist es letztendlich auch. Hansi Flick muss nun vielleicht wirklich über seinen eigenen Schatten springen und Niclas Füllkrug zu WM nehmen. Wird das passieren? Eher unwahrscheinlich. Wird sich das während der WM in Katar rächen? Eher wahrscheinlich.
Friedel Rausch hat die Mannschaft immer schön geredet.
— Hans-Peter Briegel