Ralf Rangnick fühlt sich wie ein erfolgreicher Imperator. Erstmals Einzug ins Pokal-Finale, nur noch Millimeter von der zweiten Teilnahme an der Champions League entfernt, in der Bundesliga Platz drei - und das alles in Raketentempo.
Dienstag, 23.04.2019
«Da kann man nur den Hut ziehen vor dieser Mannschaft», sagte der Trainer und Macher des Fußball-Bundesligisten RB Leipzig ungewohnt gerührt. Am späten Dienstagabend hatte seine Mannschaft mit 3:1 den verdienten Sieg im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den Zweitligisten Hamburger SV perfekt gemacht und damit für die erste große Titelchance des erst seit zehn Jahren bestehenden Emporkömmlings gesorgt.
Rangnick genoss die anerkennenden Blicke um ihn herum. «Wenn du im dritten Bundesliga-Jahr die Chance hast, einen Titel zu gewinnen, sagt das alles aus», befand der 60-Jährige stolz und zählte auf: «Drei Jahre in der Bundesliga, dreimal für den internationalen Wettbewerb qualifiziert und zweimal sogar für die Champions League.» Sein Geschäftsführer Oliver Mintzlaff war nicht weniger feierlich zumute. «Das ist für uns unfassbar. Vor zehn Jahren waren wir noch in der 5. Liga. Dass wir jetzt im Finale stehen, müssen wir als junger Verein erst einmal begreifen.»
Von Fans anderer Vereine oftmals als Retorten- und Brauseclub gegeißelt, von Verantwortlichen in Konkurrenzclubs mit spitzen Bemerkungen bedacht - RB Leipzig gehören in der Bundesliga nicht die Sympathien. Der Vorwurf, als Kunstprodukt über keine Tradition zu verfügen und sich mit einem Milliardär im Rücken den Erfolg zu kaufen, schmerzt die Sachsen. Es scheint jedoch, als würden sie Schmährufe erst recht anstacheln. Tradition allein, das zeigen andere Vereine wie Halbfinal-Gegner HSV, ist kein Erfolgsnachweis.
Rangnick, der als eigentlicher Sportdirektor von RB den Trainerjob für diese Saison übernommen hat und von dem ebenso erfolgshungrigen Julian Nagelsmann abgelöst wird, scheint ein Erfolgs-Gen zu besitzen. Schon als Coach der TSG Hoffenheim peitschte er den Club binnen zwei Spieljahren von der Drittklassigkeit in die Bundesliga. In Leipzig überlässt der seit 2012 als Sportdirektor tätige Schwabe nichts dem Zufall. Beim ersten Abstecher auf den Trainerposten hatte er das Team 2016 in die Bundesliga geführt. «Wir werden immer reifer, gewinnen an Qualität, an Abgezocktheit – und dieser Weg ist noch nicht zu Ende», sagt Kapitän Willi Orban.
Schlüsselspieler wie Peter Gulácsi, Willi Orban, Marcel Sabitzer, Marcel Halstenberg sowie Dienstag-Torschützen Yussuf Poulsen und Emil Forsberg sind mindestens seit vier Jahren im Verein. Das Prinzip bei Rasenballsport Leipzig heißt keineswegs kaufen und verkaufen und noch teurer kaufen. Strategische Arbeit ist die dominierende Herangehensweise, von der sich andere, über 100-jährige Vereine einiges abschauen können. «Dieses Mannschaftsgefüge, das wir jetzt haben, hatten wir so noch nie. Deshalb spielen wir jetzt den attraktivsten und erfolgreichsten Fußball, den wir je gespielt haben», meint Mintzlaff.
Die Leipziger sind neben Bayern München das Top-Team der Rückrunde. Auswärts stanzen sie schon seit neun Pflichtspielen alles nieder. Niederlagen sind beinahe aus der Erinnerung gefallen. Die letzte geschah vor 15 Pflichtspielen. Selbst dem Aus in der Europa League im vergangenen Herbst konnte Rangnick Positives abgewinnen. Er verwies auf Europa-League-Halbfinalist Eintracht Frankfurt. Die Hessen hätten «den einen oder anderen Tribut für die lange Euro-League-Reise in der Bundesliga gezahlt». Seine Leipziger, so scheint es, haben noch reichlich Luft.
(dpa)
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— Hertha-Coach ,,Sir" Georg Keßler über einen von Erich ,,Ete" Beer gegen Kaiserslautern nach fünf Minuten verschossenen Elfmeter.