Eiskalt ins Finale: Leverkusen beendet Saarbrückens Träume

von Marcel Breuer | dpa23:11 Uhr | 09.06.2020
Die Spieler von Bayer Leverkusen feiern das Tor zum 2:0 gegen den FC Saarbrücken. Foto: Ronald Wittek/epa Pool /dpa
Foto: Ronald Wittek

Mit wenig Glanz, aber eiskalter Professionalität hat Bayer Leverkusen das Fußball-Märchen des Viertligisten 1. FC Saarbrücken beendet und greift nach dem ersten Titel seit 1993.

Auch ohne das angeschlagene Mega-Talent Kai Havertz ließ die Werkself beim 3:0 (2:0) im ersten Halbfinale des DFB-Pokals in Völklingen zu keinem Zeitpunkt Zweifel am Favoriten-Sieg aufkommen. Bei ihrer vierten Endspiel-Teilnahme, die erste seit 2009, treffen die Leverkusener am 4. Juli in Berlin auf den FC Bayern München oder Eintracht Frankfurt.

Saarbrücken, das als erster Viertligist im Halbfinale Pokal-Geschichte geschrieben hatte, blamierte sich nicht und hielt zumindest tapfer dagegen. Nach drei Monaten ohne Spiel, ohne Zuschauer und gegen einen diesmal übermächtigen Gegner war die fünfte Sensation nach den Siegen gegen die Bundesligisten Köln und Düsseldorf sowie die Zweitligisten Regensburg und Karlsruhe aber illusorisch.

«Das ist ein Super-Erfolg und eine Chance auf einen Titel. Deshalb bin ich sehr zufrieden», sagte Bayer-Geschäftsführer Fernando Carro. Saarbrückens Torhüter Daniel Batz war dagegen «unfassbar enttäuscht». Der Respekt sei zu groß gewesen. «Wir haben alles gegeben. Unser Matchplan sah anders aus. Wir haben das 5-5-0 so gespielt, wie wir es nicht spielen wollten.» Trainer Lukas Kwasniok ergänzte: «Wir haben verloren. Das ist für den Gemütszustand erstmal schlecht. Wir waren da, aber nicht griffig. Wir wollten alle Waffen ziehen und haben mit Wattebällchen geworfen.»

Moussa Diaby (11.) und Lucas Alario (17.) hatten für die frühen Tore gesorgt, die Bayer ersehnt und der FCS befürchtet hatte. Danach ging es nur noch um die Höhe des Ergebnisses. Mit nur einem weiteren Tor durch Karim Bellarabi (58.) gestaltete der Champions-League-Aspirant das Ergebnis letztlich gnädig.

Weil das erste Halbfinale seit 35 Jahren vor leeren Rängen stattfand, versuchten die Saarbrücker bestmögliche Atmosphäre zu simulieren. Aus den Stadion-Boxen liefen in der Stunde vor dem Anpfiff abwechselnd Vereins-Hymnen, Ballermann-Musik und Sprach-Nachrichten der Fans in extremer Lautstärke. Die Kneipen in Saarbrücken durften derweil mit einer Sondergenehmigung bis 0.00 Uhr statt bis 23.00 Uhr öffnen - für den Fall von Verlängerung und Elfmeterschießen. Doch das hatte sich schnell erledigt.

Taktisch überraschte Saarbrückens Trainer Lukas Kwasniok, der sein Team sechs Wochen nur auf dieses Spiel vorbereitet hatte und einen «Schlachtplan statt Matchplan» angekündigt hatte, mit einer Fünferkette mit dem einstigen Bundesliga-Profi Manuel Zeitz als Mittelmann. Bayer begann trotz fünf Änderungen und ohne den erneut angeschlagenen Nationalspieler Havertz im gewohnten 4-2-3-1, das allerdings wie erwartet sehr offensiv interpretiert wurde.

Der Außenseiter war schnell im Wettkampfmodus, doch Leverkusen ging die Aufgabe konzentriert und seriös an. Und wurde schnell belohnt. Nach einem sehenswerten Pass von Kerem Demirbay erzielte Diaby per Volleyschuss durch die Beine von Daniel Batz die Führung. Sechs Minuten später verhinderte Batz, Elfmeter-Held im Viertelfinale gegen Düsseldorf - gegen den frei stehenden Charles Aranguiz noch das 0:2. Weitere zwei Minuten später war der sonst starke Keeper mitschuldig am zweiten Tor, als er den Ball unglücklich zu Alario abwehrte.

83 Prozent Ballbesitz und 15:1 Torschüsse waren zur Halbzeit für den Bundesligisten notiert, der aber nach dem 2:0 zunächst die letzte Gier vermissen ließ. Saarbrücken hätte das Spiel so mit einem Tor wieder spannend machen können und Batz aus dem Tor und Kwasniok am Spielfeldrand brüllten das Team abwechselnd nach vorne. Als der zur Pause eingewechselte Bellarabi ohne großen Widerstand das 3:0 erzielte, war auch für größte Saarbrücker Optimisten klar, dass das Pokal-Märchen hier endete.

(dpa)



Man ist sich gar nicht so 100-prozentig bewusst, was es bedeutet, Weltmeister zu sein.

— Jürgen Grabowski, der an seinem Geburtstag 1974 Weltmeister wurde, in einem Interview.