26. Oktober 1974 – Als der HSV in Eppingen zur Lachnummer wurde

von Carsten Germann18:30 Uhr | 26.10.2021
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Die Aufzählung der großen Sensationen im DFB-Pokal wird nie komplett sein ohne die Partie des VfB Eppingen gegen den Hamburger SV (2:1) am 26. Oktober 1974. „Die Großmutter aller Sensationen“ (Kicker-Sportmagazin, 21. Oktober 2021) zeigte vielen Underdogs, was im Pokal alles möglich ist.

Der Boss erlebte das Debakel im Badischen gar nicht erst mit. HSV-Präsident Dr. Peter Krohn († 2021 / „Krohn, der Große“) weilte beim DFB-Bundestag und war nicht unter den 15.000 Zuschauern im Hugo-Koch-Stadion. „Ich wollte es zuerst gar nicht glauben“, sagte Krohn nach dem Spiel.

HSV: Pokal-Schmach als Bundesliga-Tabellenführer

Krohn dann mit hanseatischer Ironie: „Hier ist der Gegner offensichtlich unterschätzt worden.“ Und wie! Die Hamburger um HSV-Rekordspieler Manfred „Manni“ Kaltz, Georg Volkert und Rudi Kargus, 1974 noch Pokalfinalist gegen die Frankfurter Eintracht, verloren im Landkreis Heilbronn mit 1:2. Sie gingen als Bundesliga-Tabellenführer ins Spiel und am Saisonende 1974/75 bedeutete Rang vier ihre bis dahin beste Platzierung in der deutschen Fußball-Eliteliga.

Aber an diesem Oktobersamstag strauchelte das große Hamburg in Eppingen. Auch, weil VfB-Keeper Volker Gerhardt über sich hinauswuchs und eine Fülle von Chancen der Hamburger, u. a. durch Willi Reimann, entschärfte.

Zweifacher Torschütze für den VfB Eppingen war Gerd Störzer, Ex-Profi bei 1860 München. „Das ist der schönste Tag meines Fußballerlebens“, jubelte Störzer nach dem Pokal-Coup.

HSV blamierte sich in Baden-Württemberg zwei Mal

Der VfB Eppingen kam auch in der 3. Runde weiter, 2:1 gegen den badischen Rivalen SV Sandhausen, der sich 1995 mit dem längsten Elfmeterschießen der Pokal-Historie (13:12 n. E. gegen den VfB Stuttgart), verewigen sollte. Im Achtelfinale war dann Werder Bremen (0:2) eine Nummer zu groß für die Badener, die 1980/81 auch eine Spielzeit in der 2. Bundesliga verbrachten.

Für den Hamburger SV war die Schmach von Eppingen keine Lehre. „Am 3. September 1984 lachte ganz Fußball-Deutschland zum zweiten Mal über den HSV“, schreibt der Autor Ralf Grengel in der Rubrik „Die Favoritenschrecke“ seines Buches Das deutsche Wembley – 60 Jahre Vereinspokal (Verlag: Creator, 1994). 0:2 unterlagen die Hanseaten mit dem letzten „Verbliebenen“ der Pokal-Pleite von Eppingen, Manfred Kaltz, beim SC Geislingen.

Die Blamage für den Europapokalsieger der Landesmeister von 1983 mit Stars wie Uli Stein, Kaltz, Felix Magath, Wolfram Wuttke, Jürgen „Mile“ Milewski oder Thomas von Heesen war im Schwäbischen nicht wirklich milder als zehn Jahre zuvor in Eppingen. Unter den 7.000 Zuschauern im Stadion „Eybacher Tal“: Ein gewisser Andreas Buck, später u. a. zwei Mal Deutscher Meister und Teilnehmer am Elfmeter-Rekordspiel in Sandhausen 1995

„Mein Kompliment, Geislingen hat den Sieg verdient“, blieb HSV-Trainer und Grantler Ernst Happel († 1992) anschließend nur der Wiener Schmäh. Kurios: Die Pleite in Geislingen und ein Jahr später beim VfL Bochum (2:3) sorgten für den einzigen Doppel-Knock-out der Hamburger in Runde eins in zwei aufeinanderfolgenden Jahren. 



Ich hoffe, dass ich jetzt noch einen blauen Anzug kriege. Bei mir würde das mehr wirken, ich biete mehr Fläche.

— Bayer Leverkusens XXL-Manager Reiner Calmund über den berühmten ,,blauen Anzug" von Trainer Christoph Daum.