Vor 30 Jahren: So verzählten Christoph Daum und der VfB Stuttgart die Champions League!

von Carsten Germann08:30 Uhr | 30.09.2022
Foto: Imago

Das erste Mal in der Champions League - das war bis 1993 und Werder Bremen keine deutsche Erfolgsgeschichte. Dafür sorgte auch ein ominöses Spiel am 30. September 1992, im Stadion an der Elland Road in Leeds. Der VfB Stuttgart verlor nach 3:0 im Hinspiel mit 1:4 in der Qualifikationsrunde zur neu gegründeten UEFA Champions League bei Leeds United. Und konnte doch nicht jubeln. Ein schwerer Regelverstoß, ein Formfehler von Trainer Christoph Daum kostete den VfB das Weiterkommen.

Leeds United
Championship
Rang: 3Pkt: 29Tore: 24:9

Es hätte in jeder Hinsicht eine Premiere sein können. Der VfB Stuttgart, Last-Minute-Titelträger der Bundesliga-Saison 1991/92 wäre mit dem Start des novellierten Meistersaison auch der erste deutsche Klub in der Champions League gewesen.

Die Schwaben scheiterten noch epischer als der 1. FC Kaiserslautern ein Jahr zuvor, als die Pfälzer in der Schlussminute das entscheidende 1:3 (Hinspiel 0:2 / Siehe Fußballdaten-Sprüche-Special) gegen den FC Barcelona und Pep Guardiola kassierten. Schon 1991/92 spielte die UEFA ab der 2. Runde, die Lautern mit 3:0 gegen „Barca“ sicher erreicht hätte, eine Gruppenphase aus. Gegen Sparta Prag, Benfica Lissabon und Dynamo Kiew, wären für den FCK Geld und drei weitere Heimspiele garantiert gewesen.

Stuttgart traf es noch härter als Lautern

Auch die Stuttgarter wähnten sich eigentlich schon weiter. Leeds United um den legendären Erich Cantona hatte mit einem Kraftakt und Toren von Gary Speed († 2011), Gary McAllister, Cantona und Lee Chapman das 0:3 aus dem Gottlieb-Daimler-Stadion wett gemacht. Das 1:1 von Andreas Buck (34.) schien trotz 4:1 das Tor zur nächsten Runde für den VfB zu sein.

Daums Wechsel-Fehler: Ein Ausländer zu viel

Mitnichten. In der 83. Minute beging Christoph Daum einen folgenschweren Wechselfehler. Er brachte den Innenverteidiger Jovica Simanic für den ausgepowerten Mittelfeldregisseur Maurizio Gaudino. Die Stuttgarter spielten das 1:4 mit dem eingewechselten Abwehrspieler über die Runden, die Freude währte allerdings nur kurz. „Andy“, deutete Co-Trainer Lorenz-Günther Köstner mit fränkischem Pragmatismus schon in der Kabine dem Torschützen Andreas Buck an, „wir haben ein Problem mit den Ausländern.“ Das war noch milde formuliert…

Auf der anschließenden Pressekonferenz mussten sich die VfB-Macher Daum und Manager Dieter Hoeneß peinlichen Fragen stellen. Mit Simanic hatten sie nämlich den vierten Ausländer eingewechselt – erlaubt waren damals aber nur Drei. Adrian Knup aus der Schweiz, der Isländer Eyjólfur „Jolly“ Sverrisson und der Jugoslawe Slobodan „Bobo“ Dubajic standen ebenfalls auf dem Feld. Leeds United erkannte den Regelverstoß zunächst selbst nicht, legte aber dann doch Protest bei der UEFA ein.

In Deutschland wurden Daum und der VfB schon nach der Rückkehr aus Leeds von den Journalisten bedrängt. Der europäische Fußball-Verband ordnete schließlich ein Entscheidungsspiel an.

Spott für Christoph Daum

„Daum und Hoeneß fühlten sich wie der Lottogewinner, der sechs richtige angekreuzt, aber den Schein nicht abgegeben hat“, kommentierte die Stuttgarter Zeitung mit schwäbischem Sarkasmus.

Das Wiederholungsspiel am 9. Oktober 1992 wurde zum Waterloo für den VfB Stuttgart. 1:2 in Barcelona gegen Leeds United  – und das „Aus“ im Rennen um die Champions-League-Millionen.

„Tief in der Nacht landen wir in Stuttgart“, schrieb Andreas Buck dazu 2020 in seinem Buch Turbo (Verlag: Tropen), „keiner wartet auf uns.“ 



Auf jeden Fall sah es im Fernsehen technisch sehr reif aus.

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