Liverpool und Co: Nicht-Meister als Champions

von Carsten Germann3 hours ago
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Mit einem späten 2:0 (0:0) beim FC Brentford in der Premier League und 2 Toren nach der 90. Minute durch Darwin Nunez gehen „The Reds“ als souveräner Tabellenführer in das 7. Champions-League-Ligaspiel am Dienstag gegen den OSC Lille. Der Premier-League-Spitzenreiter ist bereits für das Achtelfinale qualifiziert und blickt auf eine eigentümliche Serie: Die Merseysiders gewannen die Champions League schon zwei Mal als Nicht-Meister.

Mit 6 Punkten vor dem FC Arsenal und einem Spiel in der Hinterhand gegen den FC Everton tuckert „The Slot Machine“, wie die Mannschaft des niederländischen Trainers Arne Slot von den Fans bereits genannt wird, der zweiten Premier-League-Meisterschaft nach 2020 entgegen.

„Das aktuell beste Team der Welt“

„Ich denke, wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht, gegen das aktuell beste Team der Welt. Für mich sind sie (Liverpool, d. Red.) eine Klasse besser als Arsenal und Manchester City“, sagte Brentfords dänischer Coach Thomas Frank nach der Partie am vergangenen Samstag bei BBC.

  • Schafft die Mannschaft von der Merseyside auch den Sprung ins Champions-League-Finale am 31. Mai 2025 in München, dann tut sie das aber immer noch als Tabellendritter der letzten Saison.

Liverpool: Zwei Mal Vierter – und dann Champions-League-Sieger

  • Für Liverpool nichts Neues. „The Reds“ gewannen 2005 in Istanbul und 2019 mit Jürgen Klopp (2:0 gegen Tottenham Hotspur und Harry Kane in Madrid) die Champions League, obwohl sie zuvor nicht englischer Meister war.
  • In beiden Finals stand Liverpool als Tabellenvierter der Vorsaison.
  • Zwei Mal CL-Sieger ohne vorangegangene PL-Meisterschaft war auch der FC Chelsea 2012 im ersten „Finale dahoam“ in München und 2021 in Porto.
  • Insgesamt wurden 13 Nicht-Meister Champions-League-Sieger.
  • Der erste Klub, dem dies 2-mal gelang, war der AC Milan,2003 in Manchester gegen Juventus Turin (3:2 n. E. / 0:0 n. V.) und 2007 bei der Revanche gegen Liverpool (2:1 in Athen) – ohne vorangegangenen Scudetto in Italien.

1998/99: Erstes Endspiel mit 2 Vizemeistern

Das erste Finale ohne einen Meister überhaupt sah die 1992 novellierte Champions League am 26. Mai 1999 in Barcelona. Bayern München und Manchester United (1:2 / 2 Tore für United in der Nachspielzeit) hatten im Jahr zuvor dem Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern respektive dem Dauer-Rivalen FC Arsenal als Meister den Vortritt lassen müssen.

  • Champion, aber zuvor nicht Meister, dieses Kunststück beherrscht kein Team so gut wie Real Madrid. 5-mal holten die „Königlichen“ als Nicht-Meister die Champions League, zuletzt 2022 in Paris gegen den FC Liverpool (1:0 / Fussballdaten.de berichtete).  

Mehr Europacup-Titel als nationale Meistertitel

Das Phänomen, dass nicht der amtierende Meister, sondern der neben dem nationalen Titelträger automatisch qualifizierte Cup-Verteidiger den Wettbewerb gewann, gab es schon vor 1992, im Europapokal der Landesmeister.

  • Auch hier schlug Real Madrid 2-mal zu, 1957 im heimischen Estadio Santiago Bernabeu gegen den AC Florenz (2:0 / Spanischer Meister: Athletic  Bilbao) und 1960 gegen Eintracht Frankfurt (7:3 in Glasgow / Meister: Barcelona).
  • Inter gelang dies 1965, Ajax im Jahr 1972.
  • Der FC Bayern schaffte es 1976, ebenfalls in Glasgow (1:0 gegen AS St. Etienne), ebenso Milan 1990 gegen Benfica (1:0) in Wien.
  • Ein spezieller Fall ist Nottingham Forest. „The Tricky Trees“ sind der einzige Verein in Europa, der mehr Landesmeister-Titel als nationale Meisterschaften vorzuweisen hat.

Nottingham war nur 1978 Englischer Meister, marschierte dann aber zum Triumph gegen Malmö FF (1:0) 1979 in München und sicherte sich schließlich als Titelverteidiger gegen den HSV 1980 in Madrid (1:0) zum 2. Mal in Folge den „Henkelpott.“



In England sagen sie: 79 Prozent der Erde sind mit Wasser bedeckt und den Rest übernimmt N'Golo Kanté.

— Wolff Fuß im CL-Finale 2021 über Chelseas Abräumer N' Golo Kanté