Die geschlagenen Helden des FC Liverpool konnten bei der Fahrt auf dem roten Doppeldeckerbus schon wieder lachen - und Jürgen Klopp war mittendrin.
Samstag, 28.05.2022
«Wir sind Liverpool» und das Club-Motto «You'll Never Walk Alone» prangte in großen Buchstaben an der Seite - und es passte am Sonntagnachmittag so gut wie selten. Tausende Fans jubelten Klopp und seinen Spielern keine 24 Stunden nach dem verlorenen Champions-League-Finale gegen Real Madrid zu. Gefeiert wurden die beiden nationalen Pokal-Triumphe. In Madrid war für den Abend die wahrscheinlich noch fröhlichere Party angesetzt.
Madrids Mittelfeldspieler Toni Kroos hatte schon am Samstagabend auf dem Rasen mit seiner Familie gefeiert, und Klopp da schon fast trotzig die Parade in der Heimat angepriesen. Die Gefühlswelten der beiden deutschen Protagonisten in einem auch wegen großer Probleme zwischen Fans und Ordnern denkwürdigen Finale der Königsklasse lagen gar nicht so weit auseinander wie anzunehmen war. Seinen kurzen Frustmoment im ZDF-Interview mit «Scheißfragen» hatte Kroos am Samstagabend schnell überwunden.
Kroos schwärmt: «Ganz besonderer Triumph»
Der Ex-Weltmeister schwärmte über seinen fünften Champions-League-Triumph, der «ein ganz besonderer», war, wie der Vater von Leon (8), Amelie (5) und Fin (3) nach dem 1:0 von Real sagte. «Ich habe die Champions League ja schon das ein oder andere Mal gewonnen. Aber ich habe immer gesagt, ich will einmal, dass alle Kinder im Stadion sind. Das war heute der Fall. Und es ist nicht zu beschreiben, wie schön das ist.»
Für das Real nahe stehende Fachblatt «Marca» wurde der 14. Triumph des Rekordsiegers in der europäischen Königsklasse «gefeiert wie keiner zuvor». Weil ihn im Gegensatz zum sonstigen Verständnis der Königlichen im Vorfeld kaum jemand für möglich gehalten hatte. Kroos gab «ganz ehrlich» zu, «dass ich vor der Saison nicht damit gerechnet habe. Das ist schwer in Worte zu fassen.»
Unter den acht Madrilenen, die zu Cristiano Ronaldo als fünffachem Henkelpott-Sieger aufschlossen, ist der im vergangenen Sommer aus der Nationalmannschaft zurückgetretene Kroos der einzige, der auch Weltmeister wurde. Und er feierte diesen Triumph nicht nur mit der Familie. Nach dem Abpfiff lag er lange innig umschlungen mit David Alaba auf dem Rasen. An der Seite des Österreichers hatte er 2013 mit dem FC Bayern seinen ersten Titel in der Königsklasse geholt.
Auch für Ancelotti besonderer Titel
Auch für Trainer Carlo Ancelotti, mit vier Siegen nun alleiniger Rekordhalter unter den Trainern im wichtigsten Europacup, war dieser Erfolg ein besonderer. «Das war der schwerste Titel, ganz sicher», sagte der Italiener: «Weil niemand gedacht hat, dass wir ihn gewinnen könnten.» Für Kroos hat der frühere Bayern-Coach einen riesigen Anteil am Erfolg, «weil er es wie kein Zweiter versteht, eine Gruppe zu managen und hinter sich zu bringen».
Das gelang auch Klopp in diesem Jahr eindrucksvoll. Aber die Bilanz der eigentlich so starken Saison wurde innerhalb einer Woche beträchtlich getrübt. Aber der frühere Mainzer und Dortmunder verbreitete Stimmung. Seine Motivation war klar: Nach einer außergewöhnlichen Saison, in der in der Meisterschaft und Königsklasse die Titel aber denkbar knapp verpasst wurden, sollen die Spieler nicht mit schlechter Laune in den Urlaub verabschiedet werden.
Klopp und Liverpool feiern trotzdem
«Wir feiern, dass wir eine außergewöhnliche Saison gespielt haben», sagte Klopp. «Die beiden Wettbewerbe, die wir nicht gewonnen haben, haben wir mit dem denkbar kleinsten Unterschied verloren: Mit einem Punkt und 0:1.» Er habe seinen Spielern in der Kabine gesagt, «dass ich den Stolz schon spüre. Aber da war ich der Einzige. Die Jungs brauchen dafür länger.»
Für Klopp war die dritte Niederlage im vierten Endspiel angesichts von 23:3 Torschüssen vielleicht die bitterste. «Wenn der Torwart des Gegners Man of the match wird, ist das immer eine Scheiß-Nachricht», sagte er mit Blick auf den überragenden Thibaut Courtois. Doch der 54-Jährige kündigte auch schon den nächsten Angriff auf Europas Krone an. «Wir kommen wieder. Definitiv», sagte er. Nach dem auch gegen Real verlorenen Endspiel 2018 hatte er mit den Reds ein Jahr später tatsächlich den Titel geholt. Der Unterschied zu damals, so Klopp: «Damals habe ich gehofft, dass wir wiederkommen. Heute weiß ich es.»(dpa)
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