Noch auf dem Platz bedeutete Mats Hummels Kapitän Marco Reus, was er von dessen Abwehrverhalten beim Wendepunkt des Spiels hielt. Mit erhobenem Zeigefinger ging der Abwehrchef von Borussia Dortmund auf Reus zu und machte ihm eine kurze, aber offenbar scharfe Ansage.
Kurz darauf am DAZN-Mikrofon hatte sich der Weltmeister von 2014 noch immer nicht beruhigt.
Hummels: «Hatten City da, wo wir sie haben wollten»
«Der Frust sitzt sehr tief», sagte Hummels nach dem 1:2 in der Champions League bei Manchester City. Bis zur 80. Minute hatte der BVB noch geführt. «Wir hatten City genau da, wo wir sie haben wollten.» Doch man müsse «bis zur 95. über die Grenze gehen und jeden Meter machen, der weh tut». Die Adressaten waren klar: Reus, der John Stones vor dem Ausgleich (80.) nur zaghaft anging. Und Emre Can, der vor dem artistischen Kung-Fu-Siegtor des Ex-Dortmunders Erling Haaland (84.) mit einigem Sicherheitsabstand und leicht gehobenem Bein die Flanke zuließ. «Wir waren ja alle da», schimpfte Hummels: «Aber wir gehen nicht drauf.»
Gespielt hatte der BVB am Mittwochabend richtig gut. Für Haaland hatten die Dortmunder gar «eines der besten Spiele gemacht, das ich in den letzten Jahren von ihnen gesehen habe». Doch weil das Tor von Jude Bellingham (56.) nicht zum Sieg und nicht mal zum Punkt reichte, waren der Frust und die Anspannung anschließend besonders groß. Zumal der BVB nun mit zwei Niederlagen in Folge, wenn auch unterschiedlicher Natur, am Samstag ins erste Derby seit dem Schalker Wiederaufstieg gehen muss. Reus, der Bellinghams Tor vorbereitet hatte, trat am Mittwochabend nicht vor die Journalisten.
Der BVB belohnt sich nicht für eine gute Partie
Vize-Kapitän Hummels postete in der Nacht ein gemeinsames Jubelbild der beiden. Seine vorherigen Aussagen wollte Sebastian Kehl dann auch nicht zu hochhängen. «Dass Mats frustriert ist, kann ich nachvollziehen», sagte der Sportchef, der den auch sichtlich angeschlagenen Reus vor dem Abflug tröstend in die Arme schloss: «Er ist einfach enttäuscht, dass wir uns nicht für das sehr gute Spiel belohnt haben. Aber es gelingt nicht immer, über 90 Minuten da zu sein, wo man sein muss.»
80 Minuten lang verteidigten die Dortmunder mit einem ungewohnten Abwehr-Bollwerk um Hummels und Innenverteidiger-Kollege Niklas Süle sowie den ebenfalls starken Salih Özcan und Bellingham direkt davor fast alles weg. Und ließen Haaland kaum einen Stich. «So ideenlos habe ich City selten gesehen», sagte Kehl: «Wir hätten mindestens einen Punkt verdient gehabt. Aber dafür können wir uns nix kaufen.»
Denn der gefeierte Held war am Ende wieder Haaland, doch er trug eben nicht mehr wie noch vor vier Monaten das BVB-Trikot. Als Pep Guardiola den spektakulären Siegtreffer des Norwegers erstmals auf dem Bildschirm sah, entfuhr ihm ein «Oh, mein Gott». So etwas, versicherte der Starcoach von Manchester City, «habe ich noch nie gesehen». Und dann fiel ihm ein. Doch. Einmal. Am 22. Dezember 1973. Durch sein absolutes Idol. Deswegen verteilte er an seinen neuen Torjäger das wohl ultimative Lob, das man von Guardiola bekommen kann: Er verglich Haaland mit Johan Cruyff.
Guardiola zieht Haaland-Vergleiche
«Als ich das Tor sah, dachte ich sofort: 'Aah, wie Johan Cruyff», sagte der Ex-Trainer des FC Bayern München, für den die 2016 verstorbene niederländische Fußball-Ikone einen ganz besonderen Stellenwert hat. «Wer mich kennt, weiß, welchen Einfluss er auf mich hat», sagte Guardiola: «Als Person, als Mentor und als Trainer.» Guardiola spielte einst unter Cruyff beim FC Barcelona. Zudem habe er sich «an meinen lieben Freund» Zlatan Ibrahimovic erinnert gefühlt. «Er hatte die Fähigkeit, sein Bein auf den Kopf zu legen», erzählte der Coach: «Erling ist da sehr ähnlich flexibel und elastisch.»
Der Norweger genoss die überschwänglichen Huldigungen der City-Fans und lief alleine eine kleine Ehrenrunde. Um nachher mit schelmischem Grinsen zu erklären: «Wir haben heute zwei wunderschöne Tore geschossen. Aber meines war ehrlich gesagt noch ein bisschen besser.»
Es gab keine Einwände. Sein Treffer - mit dem Außenrist, seitlich mit dem Rücken zum Tor springend - war einer, wie man ihn nur ganz, ganz selten sieht. «Eine Aktion, die nur Erling Haaland umsetzen kann», sagte Kehl. «Es ist mein Job, in der Box auf den richtigen Moment zu warten und Tore zu schießen», sagte Haaland sachlich: «Der Moment ist gekommen, und ich habe meinen Job erfüllt.» Aber bei aller Genialität auch deshalb, weil der BVB das zuließ.(dpa)
Brasilien ist der Favorit, wenn sie der Favorit sind, der sie sind.
— Brian Clough über die Favoritenrolle Brasiliens bei der WM. (vgl: Paul Breitner: ,,Sie sollen nicht glauben, dass sie Brasilianer sind, nur weil sie aus Brasilien kommen.")