Leon Goretzka sprühte vor der mehrstündigen Busfahrt des arg dezimierten Bayern-Kaders aus München in die 300 Kilometer entfernte Bierstadt Pilsen vor Tatendrang.
Beim Abschlusstraining mit Rückkehrer Thomas Müller für den nächsten fest eingeplanten Sieg in der Münchner Fußball-Wohlfühlzone Champions League am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) beim Punktelieferanten Viktoria Pilsen empfahl sich der wenige Wochen vor der Weltmeisterschaft endlich mal richtig fitte Nationalspieler als engagierter Vorarbeiter.
Mit nach Tschechien nahm Trainer Julian Nagelsmann den Bundesliga-Frust und nicht unerhebliche Personalprobleme: Beim noch in München absolvierten Training fehlten neben dem mit Corona infizierten Jamal Musiala auch der angeschlagene Kapitän Manuel Neuer (Schulter), die Abwehrspieler Matthijs de Ligt (muskuläre Probleme) und Alphonso Davies (Schädelprellung) sowie Angreifer Serge Gnabry (Knie). Das Quartett fällt aus. Sven Ulreich bereitete sich derweil im Tor intensiv auf seinen erst zweiten Saisoneinsatz vor.
Goretzka mit starkem Spiel gegen Dortmund
Was Leon Goretzka zu leisten vermag, demonstrierte dieser beim Bundesliga-Topspiel in Dortmund - und das idealerweise vor den Augen von Bundestrainer Hansi Flick. Goretzka glänzte als Torschütze, laufstarker Antreiber und defensiver Abräumer. Kurzum: Er zeigte exakt jene Qualitäten, die Trainer Julian Nagelsmann an ihm besonders schätzt. Den «Box-to-Box-Spieler» Goretzka zeichneten insbesondere «die Torgefährlichkeit im Sechzehner» und «ein gutes Gegenpressing» aus, sagte Nagelsmann erst neulich.
Goretzka müsste von seinen Fähigkeiten her eigentlich im Mittelfeld gesetzt sein, beim FC Bayern und in Flicks WM-Elf. Doch das ist er nicht, weil das Kraftpaket immer wieder über Wochen ausfällt. In der Saisonvorbereitung stoppte ihn eine Knie-Operation. Zuletzt bremste ihn eine Corona-Infektion, die ihn auch die Länderspiele gegen Ungarn und England kostete. Darum gilt eine Gleichung, die Goretzka zuletzt selbst aufstellte: «Wenn ich körperlich fit und stabil bin, dann ist meist auch meine Leistung ordentlich.»
Dann kann Goretzka ein Vorarbeiter und eine Führungskraft sein. Beim in letzter Minute verspielten Sieg in Dortmund war er der beste Mann auf dem Platz. Nach dem ärgerlichen 2:2 redete er Klartext und streifte dabei auch die leidige Münchner Mittelstürmer-Debatte. «Wenn du 2:0 führst, musst du eigentlich kein Tor mehr schießen, um zu gewinnen. Wir haben den Gegner komplett dominiert, aber die letzte Konsequenz vermissen lassen.»
Goretzka lässt seinen Worten Taten folgen
Seine Ansprüche im Konkurrenzkampf mit Marcel Sabitzer und Ryan Gravenberch um den Platz neben dem im Mittelfeld gesetzten Joshua Kimmich formulierte er zuletzt mehrfach offensiv: «Es liegt in meiner DNA und auch in der von den anderen Jungs, dass sie auf dem Platz stehen wollen. Das ist schon mein Anspruch, das habe ich auch klar gesagt.»
Goretzka lässt den selbstbewussten Worten gerade Taten folgen. Vor seinem starken Auftritt gegen den BVB überzeugte er auch zuvor beim 5:0-Hinspielsieg gegen Pilsen mit zwei Torvorlagen. In der Champions League treten die Bayern insgesamt als Team ganz anders auf als in der Bundesliga. Mit Sieg Nummer vier in der nur 11.700 Zuschauer fassenden Doosan Arena von Pilsen könnte das Achtelfinal-Ticket im Idealfall schon am Mittwoch gebucht werden.
Helfen dabei soll neben Goretzka auch Müller, der nach seiner dritten Corona-Infektion wieder zur Verfügung steht und beim Training gut gelaunt zu Werke ging. «Diese Coronawelle ist schon zermürbend», stöhnte der kürzlich selbst positiv getestete Goretzka, der hofft: «Ich bin jetzt für Herbst und Winter gewappnet. Bei mir dürfte nichts mehr anbrennen.» Das wäre hilfreich, um sich im Bayern-Trikot auch für Flicks WM-Elf zu empfehlen. Schließlich will Goretzka bei seinem zweiten WM-Turnier eine ungleich wichtigere Rolle spielen als 2018: In Russland stand er nur im letzten Gruppenspiel gegen Südkorea auf dem Platz. Es war das Spiel, welches das historische Vorrunden-Aus der DFB-Elf besiegelte.(dpa)
Er ist wie George Best. Nur ohne Hirn.
— Stan Seymour, Präsident von Newcastle United, über Paul Gascoigne.