Vor der Mammutaufgabe bei Manchester City lässt selbst Jesse Marsch seinen typisch amerikanischen Optimismus links liegen und dämpft vorsorglich alle Erwartungen.
«Vielleicht ist es nicht fair, dass wir so früh solche Tests haben. Vielleicht sind wir nicht bereit für so große Herausforderungen», sagte der Trainer von RB Leipzig vor dem Auftakt zur Champions League. Ein größeres Spiel als das beim englischen Fußball-Meister am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) hätten die Sachsen kaum bekommen können.
Bayern-Pleite wiegt schwer
Während die erfolgsverwöhnten Leipziger in der Vergangenheit solche Aufgaben mit einer Mischung aus Selbstverständlichkeit und Unbekümmertheit angingen, ist momentan niemandem am Cottaweg nach frechen Sprüchen. Drei Niederlagen aus vier Bundesliga-Spielen haben Spuren hinterlassen. Da wirken selbst Marschs Appelle halbherzig. «Wir müssen mit Vollgas spielen, stark bleiben und von dem Spiel lernen», betonte der 47-Jährige. Momentan lernt Leipzig augenscheinlich aber nur das Verlieren.
Zumal die jüngste Pleite gegen Bayern München am Samstag ganz schwer zu verdauen war. Wenn es zu Hause schon ein 1:4 gibt, wie hoch verliert man dann bei Pep Guardiolas Zauberfußballern? Ohne eine deutliche Steigerung sehr hoch, das wissen selbstredend auch die RB-Profis. «Man muss seine Maximal-Leistung bringen. Dass wir punkten müssen, wissen wir», sagte der österreichische Nationalspieler Konrad Laimer.
Silva fehlt die Bindung
Das mit der maximalen Leistung ist momentan aber so eine Sache. Denn was die Mannschaft gerade zu leisten in der Lage ist, ist zugleich maximal unklar. Marsch tut sich schwer, der Mannschaft den nagelsmannschen Ballbesitzfußball auszutreiben. Zugleich fehlt ihm auch der Mut, sein in Salzburg erfolgreiches System mit zwei Stürmern auch in der sächsischen Filiale spielen zu lassen. Dabei ist recht offensichtlich, dass dem 23 Millionen Euro teuren Stürmer André Silva die Bindung und vielleicht ein Nebenmann fehlen.
In der Führungsetage werden sie nach außen hin noch nicht unruhig. Schließlich ist Marsch so etwas wie das Lieblingsprojekt von Vorstandsboss Oliver Mintzlaff. Der holte den Charmeur aus Wisconsin zusammen mit Ralf Rangnick einst zum New Yorker Ableger des Hauptsponsors. Eigentlich sollte Marsch schon 2018 Nachfolger von Ralph Hasenhüttl werden, doch rückte hinter Rangnick lieber ins zweite Glied. In Salzburg reifte er schließlich auf Leipzig-Level.
«Im Fußball zählen Ergebnisse»
All das will man verständlicherweise nicht nach ein paar unbefriedigenden Wochen wegwerfen. Doch auch Marsch weiß: «Im Fußball zählen Ergebnisse. Wenn die schlecht sind, gibt es Stress.» Bisher hält der bei den Fans überaus beliebte Coach diesen Stress aus. Doch es liegt nun an ihm, eine klare Linie zu zeigen und Ergebnisse zu liefern.
Zuletzt hatte Marsch mehr Zeit für die Entwicklung seiner Mannschaft eingefordert. Die wird es im Fußball-Zirkus natürlich nicht geben. Aber er kann sich mit einer soliden Vorstellung bei Manchester City und vielleicht sogar einem Punktgewinn auf jeden Fall etwas Freiraum verschaffen. Und vielleicht wird der Abend im Etihad Stadium ja sogar der Wendepunkt. Den Glauben daran haben allerdings nur wenige.
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(dpa)
Mittwoch, 15.09.2021
Ich habe mein Übergewicht bisher immer gehalten.
— Eric Wynalda