Gisdol flüchtet als Lokomotive-Trainer - Schwarz in Moskau
von Marcel Breuer | dpa
Bei Lokomotive Moskau suchten einige am Dienstagmorgen ihren deutschen Trainer noch. Aber da war Markus Gisdol schon weg. Mit bemerkenswerten Worten erklärte der frühere Bundesliga-Coach später seinen Abschied vom russischen Fußballclub.
«Fußballtrainer ist für mich der schönste Job der Welt. Ich kann meiner Berufung aber nicht in einem Land nachgehen, dessen Staatsführer einen Angriffskrieg mitten in Europa verantwortet. Das geht mit meinen Werten nicht überein», sagte der 52-jährige Schwabe der «Bild». Der Ex-Mainzer Sandro Schwarz harrt hingegen nach dpa-Informationen noch in Moskau aus. Der Chefcoach von Dynamo fühlt sich verantwortlich für seinen Trainerstab, seine Mannschaft.
Knapp eine Woche nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine teilt der Hauptstadtclub Lokomotive im Fall Gisdol ohne Angabe von Gründen mit, man trenne sich von dem Trainer, der schon die TSG 1899 Hoffenheim, den Hamburger SV und den 1. FC Köln trainiert hat. Die Begründung für seinen Rücktritt nach nur viereinhalb Monaten lieferte Gisdol, dessen Assistent Lutz Siebrecht ebenfalls abreiste, selbst: «Ich kann nicht in Moskau auf dem Trainingsplatz stehen, die Spieler trainieren, Professionalität einfordern und ein paar Kilometer weiter werden Befehle erteilt, die großes Leid über ein gesamtes Volk bringen. Das ist meine persönliche Entscheidung und hiervon bin ich absolut überzeugt.» Sein Ex-Club 1. FC Köln twitterte daraufhin: «Großen Respekt vor diesem Schritt.»
Als Interimstrainer soll nun der frühere Bundesliga-Profi Marvin Compper das Team auf die Spiele in der russischen Premjer Liga und im Pokal betreuen, kündigte Lokomotive in einer dreizeiligen Mitteilung an.
Sandro Schwarz, seit Oktober 2020 bei Dynamo, erklärte seine Situation nach 3:0 gegen FK Chimki am Wochenende mit versteinerter Miene und den Tränen nahe. Man sah dem 43-Jährigen an, dass es wahrscheinlich die schwierigste Pressekonferenz seines Lebens war. Es gebe viel, viel Wichtigeres in diesen schwierigen Tagen als Fußball zu spielen. Es sei eigentlich unmöglich, sich darauf zu konzentrieren. Schwarz sprach von seinem Trainerstab, seiner Mannschaft, zu der auch Ukrainer gehören, und von den Club-Mitarbeitern: «Ich liebe jeden einzelnen dafür, was sie machen.»
Er sprach von seinem Verantwortungsbewusstsein und betonte: «Ich glaube, dass in solch einer Situation die Sicherheit das Wichtigeste ist und dass ich nicht der Mensch bin, der da einfach nur auf sich schaut und sagt: Ich setzte mich ins nächste Flugzeug und bin hier weg.»
«Vollstes Verständnis» hat Schwarz für die Abreise seines ukrainischen Co-Traners Andrej Woronin. Der frühere Bundesliga-Stürmer (unter anderem FSV Mainz 05, Bayer Leverkusen) sagte der «Bild»: «Ich habe Nachrichten aus der ganzen Welt von ehemaligen Mitspielern, von anderen Sportlern. Von Russen auch, die mir schreiben: «Es tut uns leid. Das sind nicht wir.»»
Der 42-Jährige ist nach eigenen Angaben noch mit einer Linien-Maschine von Moskau weggekommen und nach Deutschland gereist. «Es ist schwer auszuhalten. Ich möchte einfach helfen. Mit Geld. Womit auch immer», sagte Woronin. «Und ich weiß nicht, ob ich das sagen soll: Aber wenn ich jetzt in der Ukraine wäre, hätte ich wohl auch eine Waffe in der Hand.»
Der zahlungskräftige russische Fußball ist schon sehr lange für ausländische Spieler und Trainer attraktiv: Bekanntester deutscher Profi im Land des WM-Gastgebers von 2018 war der frühere Nationalstürmer Kevin Kuranyi, von 2010 bis 2015 bei Dynamo Moskau. Der jetzige Coach von RB Leipzig, Domenico Tedesco (früher FC Schalke 04), verabschiedete sich im vergangenen Sommer als Vizemeister von Spartak Moskau. «Ich habe den Schritt nach Moskau keine Sekunde bereut. Es war eine intensive, aber unglaublich tolle Zeit», sagte er später. Am Ende ging er, um in Corona-Zeiten mehr mit seiner Familie zusammen zu sein.
Erst im Januar hatte Daniel Farke (früher Borussia Dortmund II) als neuer Trainer beim Erstligisten FK Krasnodar für zweieinhalb Jahre unterschrieben. Der 45-jährige war bis Anfang November Coach beim englischen Premier-League-Aufsteiger Norwich City. Er ist - wie Schwarz in Moskau - noch bei seinem Club in Südrussland.
(dpa)
«Fußballtrainer ist für mich der schönste Job der Welt. Ich kann meiner Berufung aber nicht in einem Land nachgehen, dessen Staatsführer einen Angriffskrieg mitten in Europa verantwortet. Das geht mit meinen Werten nicht überein», sagte der 52-jährige Schwabe der «Bild». Der Ex-Mainzer Sandro Schwarz harrt hingegen nach dpa-Informationen noch in Moskau aus. Der Chefcoach von Dynamo fühlt sich verantwortlich für seinen Trainerstab, seine Mannschaft.
Knapp eine Woche nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine teilt der Hauptstadtclub Lokomotive im Fall Gisdol ohne Angabe von Gründen mit, man trenne sich von dem Trainer, der schon die TSG 1899 Hoffenheim, den Hamburger SV und den 1. FC Köln trainiert hat. Die Begründung für seinen Rücktritt nach nur viereinhalb Monaten lieferte Gisdol, dessen Assistent Lutz Siebrecht ebenfalls abreiste, selbst: «Ich kann nicht in Moskau auf dem Trainingsplatz stehen, die Spieler trainieren, Professionalität einfordern und ein paar Kilometer weiter werden Befehle erteilt, die großes Leid über ein gesamtes Volk bringen. Das ist meine persönliche Entscheidung und hiervon bin ich absolut überzeugt.» Sein Ex-Club 1. FC Köln twitterte daraufhin: «Großen Respekt vor diesem Schritt.»
Sandro Schwarz, seit Oktober 2020 bei Dynamo, erklärte seine Situation nach 3:0 gegen FK Chimki am Wochenende mit versteinerter Miene und den Tränen nahe. Man sah dem 43-Jährigen an, dass es wahrscheinlich die schwierigste Pressekonferenz seines Lebens war. Es gebe viel, viel Wichtigeres in diesen schwierigen Tagen als Fußball zu spielen. Es sei eigentlich unmöglich, sich darauf zu konzentrieren. Schwarz sprach von seinem Trainerstab, seiner Mannschaft, zu der auch Ukrainer gehören, und von den Club-Mitarbeitern: «Ich liebe jeden einzelnen dafür, was sie machen.»
«Vollstes Verständnis» hat Schwarz für die Abreise seines ukrainischen Co-Traners Andrej Woronin. Der frühere Bundesliga-Stürmer (unter anderem FSV Mainz 05, Bayer Leverkusen) sagte der «Bild»: «Ich habe Nachrichten aus der ganzen Welt von ehemaligen Mitspielern, von anderen Sportlern. Von Russen auch, die mir schreiben: «Es tut uns leid. Das sind nicht wir.»»
Der 42-Jährige ist nach eigenen Angaben noch mit einer Linien-Maschine von Moskau weggekommen und nach Deutschland gereist. «Es ist schwer auszuhalten. Ich möchte einfach helfen. Mit Geld. Womit auch immer», sagte Woronin. «Und ich weiß nicht, ob ich das sagen soll: Aber wenn ich jetzt in der Ukraine wäre, hätte ich wohl auch eine Waffe in der Hand.»
Der zahlungskräftige russische Fußball ist schon sehr lange für ausländische Spieler und Trainer attraktiv: Bekanntester deutscher Profi im Land des WM-Gastgebers von 2018 war der frühere Nationalstürmer Kevin Kuranyi, von 2010 bis 2015 bei Dynamo Moskau. Der jetzige Coach von RB Leipzig, Domenico Tedesco (früher FC Schalke 04), verabschiedete sich im vergangenen Sommer als Vizemeister von Spartak Moskau. «Ich habe den Schritt nach Moskau keine Sekunde bereut. Es war eine intensive, aber unglaublich tolle Zeit», sagte er später. Am Ende ging er, um in Corona-Zeiten mehr mit seiner Familie zusammen zu sein.
Erst im Januar hatte Daniel Farke (früher Borussia Dortmund II) als neuer Trainer beim Erstligisten FK Krasnodar für zweieinhalb Jahre unterschrieben. Der 45-jährige war bis Anfang November Coach beim englischen Premier-League-Aufsteiger Norwich City. Er ist - wie Schwarz in Moskau - noch bei seinem Club in Südrussland.
(dpa)