Champions League nach Reform – bessere Chancen für kleine Fußballclubs?
von Günther JakobsenDie Champions League gilt als das prestigeträchtigste Turnier im europäischen Vereinsfußball und erlebte zu Beginn der laufenden Spielzeit eine umfassende Reform, die weitreichende Folgen für die teilnehmenden Clubs, Fans und die gesamte Fußballwelt hat. Die UEFA verspricht sich vom neuen Modus mehr Spannung, Wettbewerbsvielfalt und natürlich auch mehr Geld.
Doch Kritiker warnten bereits weit vor der letztendlichen Einführung davor, dass die Veränderungen vor allem auch die Dominanz der großen Ligen und Klubs zementieren würde, anstatt die bisherigen Machtverhältnisse im europäischen Fußball aufzubrechen und für mehr Spannung zu sorgen. Ist diese Sorge berechtigt?
Nach den ersten Spielen machten Fans vielmehr die Beobachtung, dass es überproportional viele Überraschungsteams gibt, die in der aktuellen Tabelle überraschend weit oben auftauchen. Dementsprechend wirft die neue CL-Reform die Frage auf, ob kleinere Clubs von ihr tatsächlich profitieren oder ob dies am Ende nur eine Momentaufnahme ist.
Neues Format, mehr Spannung? Die Champions League im Wandel
Grundsätzlich zielt die neue Reform der Champions League also darauf ab, nicht nur zusätzliche Einnahmen zu generieren, sondern auch die Spannung im Wettbewerb zu erhöhen – ein Bestreben, das im Einklang mit dem Wunsch vieler Fußballfans nach mehr Nervenkitzel steht. Der Boom im Bereich der Sportwetten in den letzten Jahren zeigt, dass die Begeisterung für noch mehr Spannung im Sport riesig ist.
Mit dem neuen Wettbewerbsformat will die UEFA unter anderem diesem Bedürfnis gerecht werden. Anstelle der bisherigen Gruppenphase mit festen Vierergruppen wird das sogenannte "Schweizer Modell" eingeführt, bei dem alle Teams in einer Liga antreten und acht Begegnungen gegen acht unterschiedliche Gegner bestreiten.
Durch diese Umstrukturierung erhöht sich nicht nur die Anzahl der Spiele, sondern es entsteht auch ein dynamischeres Turnierformat, das mehr Abwechslung und überraschende Duelle ermöglichen soll. Auch wenn die klassische Gruppenphase nun Geschichte ist, bleibt der Reiz der K.o.-Spiele ab dem Achtelfinale erhalten: Der Weg zum Titel führt also auch weiterhin nur über nervenaufreibende Entscheidungsspiele.
Vielen Fans fiel der Abschied vom alten Format mit Gruppenphase dennoch nicht leicht, da es mit zahlreichen schönen Erinnerungen und auch viel Tradition verbunden war. Die klassische Kombination aus Gruppenphase und anschließender K.o.-Runde galt als fest in der Fußballkultur und im Herzen der Fußballfans verankert. Kein Wunder, dass es über das neue Format viele Diskussionen gab und auch immer noch gibt.
Erste Eindrücke nach der CL-Reform: mehr Überraschungen und Torfestivals?
Davon abgesehen scheinen sich in der noch jungen, reformierten Champions-League-Saison einige interessante Entwicklungen abzuzeichnen. So gibt es gleich eine Reihe kleinerer Mannschaften, die eigentlich nicht zu den Top-Favoriten gehören und bisher überraschen. Ob Aston Villa, die AS Monaco, Stade Brest oder auch Sporting Lissabon – gleich die Hälfte aller Vereine, die aktuell zur Top-8 gehört, gilt mehr oder weniger als Überraschungsmannschaft.
Gleichzeitig ist auch eine besonders hohe Anzahl an klaren Siegen auffällig. Unter anderem die Bundesligisten standen diesbezüglich bereits im Mittelpunkt: So setzte der FC Bayern München beim 9:2-Auftaktsieg gegen Dinamo Zagreb ein echtes Ausrufezeichen und feierte damit den höchsten Sieg eines deutschen Teams in der Champions-League-Geschichte. Kurz darauf zog Borussia Dortmund nach und feierte beim 7:1 gegen Celtic Glasgow den höchsten Sieg der eigenen Klubhistorie. Solche Ergebnisse sind keineswegs die Norm.
Ein möglicher Grund für diese hohe Torfreude ist die höhere Bedeutung der Tordifferenz beim neuen CL-Format. In der Gesamttabelle kann die Tordifferenz bei Punktgleichheit eine entscheidende Rolle spielen. Das führt dazu, dass die Teams in Spielen bis zum Schluss auf Tore drängen – auch bei deutlicher Führung.
Auch die bisher übermäßig vielen Überraschungsteams sind erklärbar: Bei einem Großteil wird die Stärke der bisherigen Gegner eine große Rolle gespielt haben. In den kommenden Wochen warten dann härtere Gegner auf diese Teams und die aktuelle Tabelle könnte sich schnell als Momentaufnahme herausstellen.
In Wahrheit: Wachsende Kluft durch neue Reform?
Abseits dieser beiden Beobachtungen könnte das neue Format der Champions League vor allem langfristig dazu beitragen, dass die finanzielle Kluft zwischen großen und kleinen Vereinen eher noch größer wird. Mit der Erhöhung der Anzahl an Spielen und den daraus resultierenden zusätzlichen Einnahmen aus TV-Rechten und Sponsoring steigen die Einnahmen der UEFA deutlich. Diese zusätzlichen Gelder kommen allerdings hauptsächlich den großen Vereinen zugute.
Dadurch festigen die europäischen Top-Vereine ihre Vormachtstellung. Sie sind so in der Lage, ihre bereits überlegenen Kader noch weiter auszubauen und ihre Marktposition weiter zu stärken. Für kleinere Vereine hingegen wird es noch schwieriger, mit den finanziellen Möglichkeiten der Spitzenklubs mitzuhalten.
So stellt die Verteilung der enormen Summen, die durch das neue Format generiert werden, ein großes Problem dar: Es schafft eine strukturelle Ungleichheit, die es für kleinere Clubs schwerer macht, sowohl in nationalen Ligen als auch im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben. Dadurch wird sich die Schere weiter öffnen, und es wird vor allem für Vereine, die nicht regelmäßig an der Königsklasse teilnehmen, immer schwieriger, sportlich mitzuhalten.
Forderungen nach mehr Solidarität: Unterstützung für kleinere Klubs?
Kein Wunder also, dass die Forderungen nach einer gerechteren Verteilung der Erlöse und Maßnahmen zur Eindämmung der wachsenden Ungleichheit im europäischen Vereinsfußball immer lauter werden. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wird unter anderem eine deutliche Erhöhung der sogenannten Solidaritätszahlungen an Vereine, die nicht an europäischen Wettbewerben teilnehmen, gefordert.
Derzeit liegt dieser Anteil bei rund vier Prozent. Nach dem Willen vieler Kritiker soll dieser mindestens auf zehn Prozent angehoben werden, um kleinere Vereine, die zunehmend vom Wettbewerb abgehängt werden, zu unterstützen. Mit derartigen Maßnahmen soll die finanzielle Schere verringert und die Wettbewerbsfähigkeit der nationalen Ligen gesichert werden.
Wächst die finanzielle Kluft zwischen den europäischen Spitzenklubs und den übrigen Vereinen nämlich noch weiter, droht die Dominanz von Dauermeistern nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in anderen Ligen weiter zuzunehmen. Dadurch würde der nationale Fußball deutlich an Spannung verlieren. Die CL-Reform kann also auch über die Königsklasse hinaus weitreichende Auswirkungen haben.
Ausblick: Die Zukunft der reformierten Champions League
Meist bringen neue Reformen sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Das ist auch bei der neuen CL-Reform sichtbar. So gibt es zahlreiche Vorteile in Bezug auf die Spannung und natürlich auch mehr finanzielle Mittel, die nicht zu übersehen sind.
Gleichzeitig bleibt abzuwarten, ob ein Großteil der Versprechungen – gerade im Hinblick auf die kleineren Klubs – am Ende tatsächlich zur Realität wird. Ohne weitere Anpassungen, unter anderem im Bereich der gerechteren Verteilung der Gelder, wird ein für viele Fans wahrgenommener Aufschwung der kleineren Teams am Ende nur eine Momentaufnahme sein