Mixed Zone

Auch "Kaiser Franz" weint: "Uns Uwe" bleibt unvergessen

In die vielen bestürzten Reaktionen auf den Tod von Uwe Seeler mischte sich auch das Gefühl, mit dem HSV-Idol eines der letzten ganz großen Vorbilder des Fußballs verloren zu haben.

Hamburg (SID) "Kaiser" Franz Beckenbauer weinte beim Erhalt der Todesnachricht am Telefon. Doch die Bestürzung über den Tod von Uwe Seeler war längst nicht nur beim "Kaiser" groß. Am Bronzefuß von "Uns Uwe" am Volksparkstadion legten viele bewegte Menschen Blumen und Fanschals nieder. Dass Uwe Seeler nicht mehr lebt, erschütterte die großen Namen des Weltfußballs genauso wie zahlreiche Mitmenschen in seiner geliebten Geburtsstadt Hamburg.

Um ein bleibendes Andenken fest zu verorten, könnte die wichtigste Wirkungsstätte seiner Karriere, das Stadion im Altonaer Volkspark, schon bald seinen Namen tragen. "Wenn man das in Uwe-Seeler-Stadion umbenennen will, bin ich sofort dabei, auch wenn der bisherige Traditionsname dann nicht mehr fortbestehen würde", sagte der Milliardär und HSV-Investor Klaus-Michael Kühne, der momentan die Namensrechte hält, dem Hamburger Abendblatt.
Doch eigentlich bräuchte es diese Änderung gar nicht, zu fest ist und bleibt "Uns Uwe" in den Herzen der Fußball-Fans auch außerhalb der Hansestadt verankert. Seelers langjähriger Weggefährte Beckenbauer brachte es bei Bild vielleicht am besten auf den Punkt: "Einen so tollen Menschen wie den Uwe gibt's kein zweites Mal. Sein Leben lang hat er allen geholfen."

Um auch diese Empathie zu würdigen, wehten die Fahnen einen Tag nach dem Tod des 85-Jährigen am Stadion und am Hamburger Rathaus auf Halbmast, ein Kondolenzbuch wurde ausgelegt. Die Familie des Hamburger Ehrenbürgers hatte am Freitag noch nicht entschieden, ob es eine große Trauerfeier im traditionsreichen Michel geben soll.
Selbst zu Seelers Wohnhaus in Norderstedt nördlich von Hamburg pilgerten Fans aller Altersklassen, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Ein Reflex auf die Generationen übergreifende Popularität des Idols: Die Älteren sahen ihn noch live spielen, die Jüngeren waren über Jahrzehnte hinweg Teil des Uwe-Seeler-Pokals, der Hamburger Schulmeisterschaft im Fußball.

Für jeden von ihnen hatte "Uns Uwe" stets ein freundliches Wort. Autogramme schrieb er mit einem Lächeln, zu den Selfies in späteren Jahren gab er gerne einen kurzen Klönschnack oder ein aufmunterndes Schulterklopfen.

"Bodenständig, gradlinig, offenherzig" - so charakterisierte der Schweizer Blick den Menschen Uwe Seeler. Horst Hrubesch, sein wohl bekanntester Nachfolger als HSV-Mittelstürmer, schilderte ihn so: "Uwe war nicht nur ein Stück HSV, sondern auch Geschichte, was Hamburg angeht. Wenn man ihn als Typ nicht gehabt hätte, man hätte ihn erfinden müssen."

Bei den zahlreichen Beileidsbekundungen aus aller Welt hätte der Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft wohl am wenigsten auf die Äußerungen von Gianni Infantino wert gelegt, der ihn als "Vorbild an Bescheidenheit und Bodenständigkeit" rühmte. Der Schweizer FIFA-Präsident ist eher für das genaue Gegenteil bekannt.

Es hätte dem "Dicken", wie Ilka Seeler ihren Ehemann gerne nannte, gefallen, dass beim HSV am Freitag die Vorbereitungen auf das Zweitliga-Heimspiel am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) im Nordduell gegen Hansa Rostock planmäßig weiterliefen. Wie vorgesehen wurde unweit des Stadions trainiert.

Denn nichts hatte sich Seeler mehr gewünscht als eine Rückkehr seiner Rothosen in die Bundesliga. Viermal wurde er enttäuscht. Ob der Wieder-Aufstieg im fünften Versuch gelingen wird, das wird er nicht mehr erfahren.

SID af mm rd