Aufholjagd ohne Wirtz? Bayer hofft auf Bayern-Schreck Alonso
von Marcel Breuer | dpaBayer Leverkusen hofft trotz des Wirtz-Schocks auf ein Fußball-Wunder, die Münchner setzen auf Ruhe und die «Bayern-DNA». Vor Teil zwei des Achtelfinal-Krachers in der Champions League könnten die Rollen gegensätzlicher nicht sein. Der Doublesieger braucht nach der Hinspiel-Schmach und Verletzung von Weltklasse-Fußballer Florian Wirtz eine Sensation. Die Bayern können ihre Viertelfinal-Reise eigentlich schon buchen. Oder doch nicht?
Aufgegeben hat Bayer-Trainer Xabi Alonso noch lange nicht. Er will wieder zum München-Schreck werden. «Wir müssen an uns glauben. Wenn wir das nicht tun, haben wir keine Chance. Und wir wollen eine Chance haben», sagt der 43-Jährige. Nach dem für Leverkusen fatalen 0:3 aus dem Hinspiel klingt das nach Durchhalteparole. Doch wenn einer deutschen Mannschaft eine derart furiose Aufholjagd gelingen kann, dann wohl den Leverkusenern.
Wirtz fällt mehrere Wochen aus
Dass Unterschiedsspieler Wirtz ihnen fehlt, erschwert die Aufgabe allerdings zusätzlich extrem. Das befürchtete Saison-Aus bleibt dem 21-Jährigen zwar wohl erspart. Das Bayern-Spiel, die kommende Liga-Partie beim VfB Stuttgart sowie die Reise zur Nationalmannschaft für das Nations-League-Duell mit Italien verpasst Wirtz wegen einer Innenbandverletzung im rechten Sprunggelenk aber definitiv.
«Der Ausfall von Florian trifft uns natürlich in dieser Phase der Saison, aber wir werden ihn mit einem starken Team auffangen», sagt Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes. Das muss nun ausgerechnet gegen die derzeit beste deutsche Mannschaft, den souveränen Bundesliga-Tabellenführer um Jamal Musiala als weiterem DFB-Zauberfuß, gelingen.
Mut kann Bayer 04 der Blick auf die fernere und die jüngere Vergangenheit machen. Seinen größten internationalen Erfolg feierte Leverkusen ebenfalls nach einem 0:3. 1988 verlor die Werkself mit diesem Ergebnis das Final-Hinspiel im UEFA-Cup bei Espanyol Barcelona. Den Pokal gewann Leverkusen trotzdem noch. Und das ist nicht alles.
Schwierigste Phase für Alonso bei Meister Bayer
«Wir wissen, dass die Chance zum Weiterkommen immer noch besteht», sagt Abwehrchef Jonathan Tah. «Es ist eine riesige Herausforderung, das ist uns bewusst. Aber wir wissen, wie die letzten Spiele gegen die Bayern waren und dass wir die Möglichkeit haben, sie vor Probleme zu stellen.»
Sechsmal hat Leverkusen unter Alonso gegen den Rekordmeister nicht verloren. Dann kam das Hinspiel. Für den baskischen Coach war es der erste große Knacks in seiner bisher so erfolgreichen Bayer-Zeit. Alonso hatte sich verzockt, musste sich Kritik an seiner Aufstellung gefallen lassen. Am Samstag folgte in der Bundesliga dann auch noch das 0:2 gegen Werder Bremen. Doch wenn einer weiß, wie man einen praktisch uneinholbaren Rückstand aufholt, dann Alonso. Im Jahr 2005 lag er mit dem FC Liverpool im Endspiel zur Pause 0:3 zurück, jubelte dann aber nach dem Elfmeterkrimi mit dem Henkelpott.
«Wir sind es nicht gewohnt, zweimal nacheinander zu verlieren. Jetzt müssen wir wiederkommen», sagt Alonso. Gelingt das gegen die Bayern, würde sein Legenden-Status am Rhein die nächste Stufe erreichen. Bisher gelang es in der Königsklasse nur vier Teams nach einem Rückstand von drei Toren oder mehr noch in die nächste Runde einzuziehen: dem FC Liverpool, der AS Rom, dem FC Barcelona und Deportivo La Coruña.
Große Fallhöhe für die Bayern
«Sie haben nichts mehr zu verlieren. Sie werden alles versuchen», sagt Bayerns Offensivmann Serge Gnabry. Entweder die Münchner erfüllen die Erwartungen und kommen weiter oder sie blamieren sich. Glanz und Gloria gibt es am Dienstag (21.00 Uhr/Amazon Prime Video) für sie nicht zu gewinnen. Dafür aber das Viertelfinale wahrscheinlich gegen Inter Mailand oder doch gegen Feyenoord Rotterdam.
«Es wird von Anfang an sehr emotional und stimmungsvoll, und darauf müssen wir uns einstellen», sagt Sportvorstand Max Eberl. «Leverkusen wird mit aller Macht versuchen, Tore zu machen, ein frühes Tor am liebsten aus ihrer Sicht. Wir müssen von Anfang an extrem mannhaft dagegen auftreten, verteidigen, aber trotzdem auch Fußball spielen.»
Eberl warnte: «Wir dürfen nicht nur - das ist schon mal gar nicht in der Bayern-DNA - versuchen, einen Vorsprung zu verwalten.» Der 51-Jährige forderte, das eigene Spiel durchzubringen. Gelingt das, wäre das «Finale dahoam» am 31. Mai in der Münchner Arena eine weitere Runde näher.
(dpa)