BVB, S04, „Hoffe“ und Co. – Diese „Herbstmeister“ stürzten seit 2001 brutal ab
von Carsten GermannJanuar 2019. Reinstatistisch gesehen bedeutete für Borussia Dortmund Platz eins nach 17 Spielen inder Bundesliga als „Herbstmeister“ mehr als die „halbe“ Schale. Der BVB gingzum vierten Mal nach 1994, 1995 und 2010 als Tabellenführer in die Rückserie. Stetshatte Dortmund am Ende auch den Titel gewonnen.
42 Punkte aus 17 Partien waren für die westfälische Borussiadamals die zweitbeste BVB-Ausbeute als „Herbstmeister“. Nur 2010 war man unterJürgen Klopp (54) mit 43 Zählern noch besser. Die mit Sicherheit realistischsteChance, die Phalanx von Serienmeister Bayern München zu durchbrechen,wurde aus Dortmunder Sicht 2019 fast leichtfertig vergeben.
„Herbstmeister“ 2018 –aber der BVB und der „Nearly Man“ warfen die Meisterschale weg
Sechs Zähler Vorsprung hatte die Mannschaft des „Nearly Man“Lucien Favre auf den FC Bayern im Winter. Am 21. Spieltag begann dieses Punkte-Polstermit einem 3:3 gegen 1899 Hoffenheim (nach 3:0-Führung bis zur 67. Minute) zuschmelzen. Nach einer 0:5-Demontage des BVB in der Allianz Arena übernahmen dieMünchner am 28. Spieltag wieder die Führung – und brachten diese zur siebtenMeisterschaft in Folge mit einem 5:1 gegen Eintracht Frankfurt am letzten Spieltagletztlich souverän ins Ziel.
Die Dortmunder gerieten damit in der Reihe der Bundesliga-„Herbstmeister“,deren Titelträume im Winter im Sommer brutal platzten. Wie RB Leipzig. Die „RotenBullen“ wurden zehn Jahre nach ihrer Gründung 2019 erster „Herbstmeister“ derBundesliga aus den neuen Bundesländern. Bei zwei Punkten vor dem von altenZeiten träumenden Borussia Mönchengladbach und gar vier Zählern vor BayernMünchen. Die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann holte in der Rückserieaber acht Punkte weniger, fiel zurück auf Rang fünf und spielte somit nichteinmal in der Champions League.
Kein Klub litt sosehr wie Schalke
Die abgestürzten „Herbstmeister“ – seit 2001 hat wohl kein Teammehr gelitten als der FC Schalke 04. Der Revier-Rivale von Borussia Dortmundwar mit 33 Punkten und zwei Zähler vor Bayer Leverkusen respektive drei Punktenvor Bayern München „Herbstmeister“ der Saison 2000/2001. EinSieben-Sekunden-Drama am 33. Spieltag brachte die Wende. Fast auf den Momentzeitgleich gewann der FC Bayern 2:1 im Olympiastadion gegen Kaiserslautern,während Krassimir Balakov vom VfB Stuttgart den FC Schalke 04 im „Ländle“ mitdem 1:0 ins Tal der Tränen schoss.
Gesteigert wurde diese Dramatik imSaisonfinale am 19. Mai 2001, als der FC Bayern München in Hamburg in dervierten Minute der Nachspielzeit beim HSV doch noch zum titelbringenden 1:1kam. Schalkes 5:3 gegen Absteiger Unterhaching war nichts mehr wert, dasParkstadion verwandelte sich nach seinem letzten Spiel vor der Stilllegung inein Tränenmeer. Ein Stück Bundesliga-Geschichte. „Erklären kann man das nicht“,sagte Schalkes deutscher Nationalspieler Gerald Asamoah damals, „aber dieBayern haben in den letzten Spielen immer ihre Tore sehr spät geschossen.“
Keiner stürzte sokrass ab wie „Hoffe“!
Ein „Absolute Beginner“ verblüffte die Bundesliga 2008. DieTSG 1899 Hoffenheim und ihr Coach, der schwäbische Fußball-Professor RalfRangnick (63) mischten die Etablierten auf. Der Aufsteiger gewann im Spätsommerund Herbst 2008 elf von 17 Spielen und holte sich – bei drei Zählern vor dem FCBayern – die „Herbstmeisterschaft“. Ein Liga-Neuling sonnte sich im Winter ander Tabellenspitze, das verblüffte ganz Fußball-Deutschland. Bpa Sportpresse gab sogar ein Sonderheftzum „Hoffen-Hype“ heraus. Nicht ohne Grund: 1899-Torjäger Vedad Ibisevic schienauf den Spuren von Bayern-Bomber Gerd Müller. Der Bosnier zog sich dann aber inder Winterpause eine Kreuzbandverletzung zu. Auch der Umzug von Mannheim in dieneue Rhein-Neckar-Arena in Sinsheim wirkte für 1899 eher hemmend alsbeflügelnd. Ein 0:1 am 20. Spieltag beim HSV kippte „Hoffe“ von derTabellenspitze. Am Ende bedeutete Platz sieben bei 15 Zählern weniger dieschlechteste Rückrunden-Bilanz aller Zeiten für einen „Herbstmeister.“
„Wir haben den attraktivsten Fußball gespielt“, resümierteLeverkusens legendärer Manager Reiner „Calli“ Calmund nach der aus Sicht derBayer-Elf traurigsten Bundesliga-Saison aller Zeiten, 2001/2002. 39 Punkte ausden ersten 17 Spielen, 43 Tore für Michael Ballack, Oliver Neuville und Co,aber am Ende wieder nur Silber. Borussia Dortmund zog in den letzten dreiSpielen trotz eines Fünf-Punkte-Rückstandes noch an Leverkusen vorbei.