«Zehn Punkte sind schon viel»: Bayers Dementis fallen schwer
von Marcel Breuer | dpaKlare Meisteransagen meiden sie bei Bayer Leverkusen schon die ganze Saison über. Doch bei zehn Punkten Vorsprung und nur noch zehn verbleibenden Spielen fällt das Dementieren und Abwiegeln immer schwerer. «Ich muss schon ehrlich sein. Zehn Punkte sind schon viel», sagte Mittelfeld-Stratege Granit Xhaka nach dem 2:0 (1:0) im Derby beim 1. FC Köln: «Aber es ist noch nicht gegessen.»
Ähnlich klang das bei Abwehrchef Jonathan Tah. «Wir sind uns der Situation natürlich bewusst, da brauchen wir uns nicht anlügen», sagte der Nationalspieler: «Trotzdem ist es auch eine gefährliche Situation, die wir nicht unterschätzen dürfen. Denn es sind noch ein paar Punkte zu vergeben.»
Es war auch wenig glanzvoll, wie Bayer nach mehr als 75 Minuten Überzahl beim abstiegsbedrohten Nachbarn gewann. Doch unter dem Strich nutzen die Leverkusener auch die nächste Steilvorlage des FC Bayern München und bauten die Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga weiter aus. Sieben Siege aus den letzten Spielen würden den seit 34 Pflichtspielen ungeschlagenen Leverkusenern nun sicher zum ersten deutschen Meistertitel reichen. Die Münchner hatten am Freitag nur 2:2 in Freiburg gespielt.
Leverkusens Außenverteidiger weiter treffsicher
Nach der frühen Roten Karte gegen Jan Thielmann durfte Bayer lange mit einem Spieler mehr agieren. Die beiden Außenverteidiger Jeremie Frimpong (38.) und Alejandro Grimaldo (73.) erzielten im 50. Bundesliga-Spiel von Xabi Alonso als Trainer wieder einmal die Treffer für die Werkself, die am Donnerstag im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League bei Karabach Agdam in Aserbaidschan antreten muss. Für Frimpong war es das achte Saisontor, für Grimaldo gar schon das neunte.
«Ich hätte das Spiel gerne über 90 Minuten elf gegen elf gesehen. Trotzdem hatten wir unsere Chancen. Die muss man gegen Leverkusen nutzen, um was mitzunehmen. Aber man sieht schon, dass sie extreme Qualität haben. Mit elf Mann war es schon schwer, gegen sie anzulaufen, mit zehn Mann noch schwieriger», sagte Kölns Sargis Adamyan.
Die am Sonntag tapferen Kölner stehen zwar weiter auf dem Relegationsplatz, angesichts von acht Zählern Rückstand auf Rang 15 erscheint die direkte Rettung aber mehr und mehr utopisch. Und im nächsten, für sie emotional noch wichtigeren Derby am Samstag in Mönchengladbach müssen sie neben Thielmann auch Dejan Ljubicic ersetzen, der die fünfte Gelbe Karte sah. Zudem musste Justin Diehl nur vier Minuten nach seiner Einwechslung wieder verletzt vom Feld. Leverkusen wird gegen Wolfsburg Frimpong gelbgesperrt fehlen.
Doch nicht nur die Leverkusener hatten sich im Vorfeld über das Ergebnis der Konkurrenz freuen dürfen. Auch die Kölner wussten durch das 1:1 von Mainz gegen Mönchengladbach, dass sie an diesem Spieltag nicht auf einen direkten Abstiegsplatz abrutschen konnten. FC-Geschäftsführer Christian Keller war derweil krankheitsbedingt nicht im Stadion. Er verpasste damit den ersten Startelf-Einsatz von Adamyan in dieser Saison und seit fast genau einem Jahr. Für den Transfer des armenischen Stürmers war Keller häufig kritisiert worden.
Der Tabellenführer kontrollierte zunächst Ball und Rhythmus, allerdings ohne dabei zu glänzen. Schon nach drei Minuten hätte Jonas Hofmann für die Gäste-Führung sorgen können, verzog aus 16 Metern aber ganz knapp. Doch auch die Kölner hatten eine Riesen-Chance, als Ljubicic knapp neben das Tor köpfte (11.).
Kölns Thielmann sieht Rot
Die zarte Hoffnung, die dadurch aufkam, wurde aber schnell markant geringer, als Thielmann Granit Xhaka von hinten auf die Ferse trat. Schiedsrichter Tobias Stieler hatte es zunächst bei einer Gelben Karte belassen, korrigierte sich nach Ansicht der TV-Bilder aber nachvollziehbar auf Rot. Die Kölner Zuschauer empfanden das als zu hart und forderten nun nach jedem Leverkusener Einsteigen im Zweikampf eine Karte. Stattdessen hatte aber Kölns Eric Martel Glück, dass er nach einem Foul gegen Florian Wirtz nicht auch noch vom Platz flog (29.).
In Unterzahl machten die Kölner aber zunächst gut die Räume eng. Bayer agierte zudem oft umständlich und musste bis zur 37. Minute auf die nächste Großchance warten. Doch wenige Sekunden, nachdem Wirtz noch an Marvin Schwäbe gescheitert war, drückte Frimpong eine Flanke von Grimaldo nach Verlängerung von Patrik Schick aus drei Metern zur Führung über die Linie. «Als wir in der Überzahl waren, hatte ich das Gefühl, dass wir nervös geworden sind, weil wir zu schnell zum Tor kommen wollten. In der zweiten Halbzeit haben wir es besser gemacht», meinte Tah.
So richtig souverän war es aber weiter nicht, was der Spitzenreiter gegen beherzt kämpfende Kölner spielte. Und in der 51. Minute hatte er sogar großes Glück, als Adamyan mit einer Direktabnahme aus fünf Metern den Innenpfosten traf. Als Grimaldo nach Vorlage von Amine Adli durch die Beine von Schwäbe traf, war das Spiel aber gelaufen.
(dpa)