«Baustellen» und «Stellschrauben» im Bayern-Fokus
von Marcel Breuer | dpa2:2
Jubelnd riss Julian Nagelsmann umringt von den hüpfenden Bayern-Profis seine erste Meisterschale in die Höhe.
«Sie ist schwerer als erwartet», sagte der erstaunte Nagelsmann später über die elf Kilogramm schwere Silber-Trophäe. Eine Einschätzung, die auch für seine erste Fußballsaison als Münchner Trainer gilt.
Zwar genoss der 34-Jährige die Party mit Freunden und Familien im Konfettiregen vor 75.000 Zuschauern und freute sich auch schon auf die Feier am kommenden Sonntag auf dem Münchner Rathausbalkon. Doch wie schon bei der Meisterkür beim Topspielsieg gegen Borussia Dortmund schwang auch am Sonntagabend wieder mit, dass die Spielzeit trotz der zehnten Bayern-Meisterschaft am Stück nicht geglückt ist.
«Erwartung und Realität liegen weit auseinander», gestand Thomas Müller nach dem 2:2 gegen den Abstiegskandidaten VfB Stuttgart. Zwar müsse man keine «Weltuntergangsszenarien» ausmalen. Und niemand brauche «Angst um den FC Bayern» zu haben. «Aber wir wissen, dass wir schon ein paar Stellschrauben drehen müssen», sagte der Torschütze.
Die schweren Wirkungstreffer beim Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen den FC Villarreal und beim Zweitrunden-K.o. im Pokal in Gladbach schwangen auch bei der zweiten Station der dreiteiligen Meister-Tour mit. «Wir dürfen nie davon ausgehen, dass wir als Bayern München in die nächste Runde kommen, sondern müssen jeden Gegner auch ernst nehmen», lautete eine Forderung von Nationaltorwart und Kapitän Manuel Neuer für die K.o.-Wettbewerbe in der kommenden WM-Saison.
Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic müssen vorher nicht nur wegweisende Personalfragen klären, sondern zusammen mit Nagelsmann auch den rätselhaften Leistungsabfall in der Rückrunde kritisch aufarbeiten. «Natürlich haben wir ein paar Baustellen zu schließen im Kader. Das ist kein Wunsch, das ist Arbeit - das machen wir», kündigte Nagelsmann an. Er hätte nichts dagegen, «wenn wir ein, zwei Gegenpressingmaschinen kaufen würden», wie er augenzwinkernd zu Protokoll gab. Der 34-Jährige will neue Reizpunkte im Kader setzen.
Anders als nach Dämpfern in der Vergangenheit waren von den aktuellen Bayern-Bossen keine wuchtigen Parolen à la Uli Hoeneß zu vernehmen. Die Verpflichtung eines großen Namens als Signal für einen neuen Angriff auf Europas Fußball-Krone ist auch nicht zu erwarten. «Lassen wir uns überraschen», sagte Salihamidzic, der auch am Sonntag wieder auf die finanziellen Herausforderungen des Clubs hinwies: «Wir müssen sehen, was möglich ist. Wir wollen kreativ sein und haben Ideen.»
Noussair Mazraoui (24) von Ajax Amsterdam soll als Zugang bald fix sein. Dessen Teamkollege Ryan Gravenberch (19) gilt als weiterer Kandidat. Wiederholt wurde auch über eine Verpflichtung von Konrad Laimer (24) von RB Leipzig spekuliert. Auf ein neues Level würden diese Spieler das zuletzt zu oft schwächelnde Bayern-Ensemble kaum heben. Das Thema Erling Haaland ist in München auch durch.
Der Vertrag mit Müller (32) konnte bis 2024 verlängert werden. Der von Kapitän Neuer (36) soll bald folgen. Die Zukunft von Torjäger Robert Lewandowski (33) und Nationalspieler Serge Gnabry (26) bleibt dagegen ungewiss. Salihamidzic verwies auf «Gespräche» mit den Beratern der Topstars.
Noch ein Jahr gelten die Kontrakte von Lewandowski und Gnabry. Auch ein Verbleib von Weltmeister Corentin Tolisso (27), dessen Vertrag am 30. Juni endet, scheint auf einmal wieder möglich. Vieles ist in der Schwebe.
Man werde «in aller Ruhe» die Vertragsfragen angehen, betonte der einst heißblütige «Torwart-Titan» Kahn, der als Vorstandsboss lieber den ruhig formulierenden CEO gibt. «Es ist schon weiterhin unser Ziel, dass wir die Champions League in den nächsten Jahren gewinnen können», sagte Kahn. Die Bayern definieren sich weiter global.
Nach dem Ibiza-Trip der Profis und dem 1:3 in Mainz war ein Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung gegen Stuttgart nicht haltbar. Einen Sieg gab es trotzdem nicht. «Wir werden an verschiedenen Schrauben drehen müssen», mahnte Nationalspieler Leon Goretzka: «Ich glaube, es ist nichts Weltbewegendes. Es sind viele Details, die zusammenkommen.»
Dazu gehört auch die Haltung einiger Profis. Als Paradebeispiel gilt der wieder in ein Formtief gefallene Leroy Sané. «Wir haben irgendwie einen Stimmungsabfall gehabt», meinte Salihamidzic. Es sei nicht geglückt, «den Schalter umzulegen». Aggressivität und Galligkeit hätten zum Teil gefehlt: «Wir haben große Ziele und wollen immer den Titel gewinnen. In einem Jahr klappt es, in anderen Jahren nicht - und in diesem Jahr hat es eben nur mit der Meisterschaft geklappt.»
Auch die muss kein Selbstläufer bleiben. Der Rivale BVB arbeitet nach einer enttäuschenden Spielzeit die eigenen Mankos auf - unter anderem mit den Verpflichtungen von Nico Schlotterbeck (SC Freiburg), Niklas Süle (FC Bayern) und wohl auch Karim Adeyemi (RB Salzburg). «Dortmund versucht, sich gut aufzustellen», konstatierte Müller.
Der Wechsel von Süle ausgerechnet zu den Schwarz-Gelben sei schon eine «besondere Konstellation», sagte Müller: «Aber egal, wer bei uns aufläuft oder gegangen ist: Es geht immer weiter. Der Club ist größer als der einzelne Spieler. Wir werden immer konkurrenzfähig sein - egal wie die Namen auf dem Platz heißen.»
(dpa)
«Sie ist schwerer als erwartet», sagte der erstaunte Nagelsmann später über die elf Kilogramm schwere Silber-Trophäe. Eine Einschätzung, die auch für seine erste Fußballsaison als Münchner Trainer gilt.
Zwar genoss der 34-Jährige die Party mit Freunden und Familien im Konfettiregen vor 75.000 Zuschauern und freute sich auch schon auf die Feier am kommenden Sonntag auf dem Münchner Rathausbalkon. Doch wie schon bei der Meisterkür beim Topspielsieg gegen Borussia Dortmund schwang auch am Sonntagabend wieder mit, dass die Spielzeit trotz der zehnten Bayern-Meisterschaft am Stück nicht geglückt ist.
Die schweren Wirkungstreffer beim Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen den FC Villarreal und beim Zweitrunden-K.o. im Pokal in Gladbach schwangen auch bei der zweiten Station der dreiteiligen Meister-Tour mit. «Wir dürfen nie davon ausgehen, dass wir als Bayern München in die nächste Runde kommen, sondern müssen jeden Gegner auch ernst nehmen», lautete eine Forderung von Nationaltorwart und Kapitän Manuel Neuer für die K.o.-Wettbewerbe in der kommenden WM-Saison.
Anders als nach Dämpfern in der Vergangenheit waren von den aktuellen Bayern-Bossen keine wuchtigen Parolen à la Uli Hoeneß zu vernehmen. Die Verpflichtung eines großen Namens als Signal für einen neuen Angriff auf Europas Fußball-Krone ist auch nicht zu erwarten. «Lassen wir uns überraschen», sagte Salihamidzic, der auch am Sonntag wieder auf die finanziellen Herausforderungen des Clubs hinwies: «Wir müssen sehen, was möglich ist. Wir wollen kreativ sein und haben Ideen.»
Noussair Mazraoui (24) von Ajax Amsterdam soll als Zugang bald fix sein. Dessen Teamkollege Ryan Gravenberch (19) gilt als weiterer Kandidat. Wiederholt wurde auch über eine Verpflichtung von Konrad Laimer (24) von RB Leipzig spekuliert. Auf ein neues Level würden diese Spieler das zuletzt zu oft schwächelnde Bayern-Ensemble kaum heben. Das Thema Erling Haaland ist in München auch durch.
Der Vertrag mit Müller (32) konnte bis 2024 verlängert werden. Der von Kapitän Neuer (36) soll bald folgen. Die Zukunft von Torjäger Robert Lewandowski (33) und Nationalspieler Serge Gnabry (26) bleibt dagegen ungewiss. Salihamidzic verwies auf «Gespräche» mit den Beratern der Topstars.
Noch ein Jahr gelten die Kontrakte von Lewandowski und Gnabry. Auch ein Verbleib von Weltmeister Corentin Tolisso (27), dessen Vertrag am 30. Juni endet, scheint auf einmal wieder möglich. Vieles ist in der Schwebe.
Man werde «in aller Ruhe» die Vertragsfragen angehen, betonte der einst heißblütige «Torwart-Titan» Kahn, der als Vorstandsboss lieber den ruhig formulierenden CEO gibt. «Es ist schon weiterhin unser Ziel, dass wir die Champions League in den nächsten Jahren gewinnen können», sagte Kahn. Die Bayern definieren sich weiter global.
Nach dem Ibiza-Trip der Profis und dem 1:3 in Mainz war ein Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung gegen Stuttgart nicht haltbar. Einen Sieg gab es trotzdem nicht. «Wir werden an verschiedenen Schrauben drehen müssen», mahnte Nationalspieler Leon Goretzka: «Ich glaube, es ist nichts Weltbewegendes. Es sind viele Details, die zusammenkommen.»
Dazu gehört auch die Haltung einiger Profis. Als Paradebeispiel gilt der wieder in ein Formtief gefallene Leroy Sané. «Wir haben irgendwie einen Stimmungsabfall gehabt», meinte Salihamidzic. Es sei nicht geglückt, «den Schalter umzulegen». Aggressivität und Galligkeit hätten zum Teil gefehlt: «Wir haben große Ziele und wollen immer den Titel gewinnen. In einem Jahr klappt es, in anderen Jahren nicht - und in diesem Jahr hat es eben nur mit der Meisterschaft geklappt.»
Auch die muss kein Selbstläufer bleiben. Der Rivale BVB arbeitet nach einer enttäuschenden Spielzeit die eigenen Mankos auf - unter anderem mit den Verpflichtungen von Nico Schlotterbeck (SC Freiburg), Niklas Süle (FC Bayern) und wohl auch Karim Adeyemi (RB Salzburg). «Dortmund versucht, sich gut aufzustellen», konstatierte Müller.
Der Wechsel von Süle ausgerechnet zu den Schwarz-Gelben sei schon eine «besondere Konstellation», sagte Müller: «Aber egal, wer bei uns aufläuft oder gegangen ist: Es geht immer weiter. Der Club ist größer als der einzelne Spieler. Wir werden immer konkurrenzfähig sein - egal wie die Namen auf dem Platz heißen.»
(dpa)