Türkgücü München vor dem „Aus“ – Diese Klubs mussten zwangsabsteigen

von Carsten Germann10:15 Uhr | 10.03.2022

Am Mittwoch hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den 11-Punkte-Abzug für den finanziell schwer angeschlagenen Drittliga-Klub Türkgücü München bestätigt. Dem ersten Verein mit Migranten-Hintergrund im deutschen Profifußball droht damit der Zwangsabstieg. Die Münchner sind allerdings nicht die einzigen, die dieses Los seit 1963 traf.

Die Liste an Klubs, die seit der Bundesliga-Gründung zwangsabsteigen mussten oder mit einem Lizenzentzug belegt wurden, ist lang. Der Zwangsabstieg ist fast so alt wie die Bundesliga selbst. Fussballdaten.de hat eine Auswahl der Hasardeure zusammengestellt.

Zwangsabstieg: Herthas Premiere als ewiger Skandalklub

·        Im Jahr 1965 traf es Hertha BSC. Sportlich waren die Berliner zwar gerettet, doch sie hatten im 2. Jahr nach der Liga-Gründung unerlaubt Handgelder an Spieler gezahlt, das war nach DFB-Statuten verboten, führte zum Lizenzentzug für die „Herthaner“ und zum Kunstgriff mit Tasmania Berlin

·        Der sportlich nicht qualifizierte Klub aus Berlin wurde als bis heute einziger Verein in die Bundesliga „berufen“ – und lieferte 1965/66 eine Reihe von immer noch unerreichten Liga-Negativrekorden

·        Besonders schamvoll erwies sich der Zwangsabstieg für Arminia Bielefeld 1972. Die Ostwestfalen waren in den Bundesliga-Bestechungsskandal verstrickt, sie hätten die Bundesliga als Tabellenletzter aber auch sportlich nicht halten können

2 Berliner Ex-Erstligisten und der „Kiez-Klub“

  • ·        Für Tasmania Berlin, den schlechtesten Bundesligisten aller Zeiten, gingen 1973 die Lichter endgültig aus, der Klub war 7 Jahre nach seinem Erstliga-Abenteuer bankrott.
  • ·        Nicht viel besser erging es dem Berliner Stadtrivalen Blau-Weiß 90. 1987 nach einer Saison aus der Bundesliga abgestiegen, musste der West-Berliner Verein, für den u. a. Schauspieler Götz George warb, 1992 in der 2. Bundesliga Nord den Zwangsabstieg hinnehmen
  • ·        Sportlich gerettet, aber finanziell nicht in der Lage, die Lizenz für die 2. Bundesliga Nord zu erhalten, war der Bonner SC. Der Verein aus der damaligen Bundes-Hauptstadt verabschiedete sich 1977
  • ·        Zwangsabstieg trotz Platz 6 – Dieses Schicksal traf 1979 die „Kiez-Kicker“ vom FC St. Pauli, 3,8 Millionen Mark drückten den Stadtteilverein laut Präsident Otto Paulick († 2012) damals, das Hamburger Abendblatt schrieb von der „größten Zerreißprobe der Vereinsgeschichte“
  • ·        Ein Bundesliga-Meister finanziell schachmatt? Das gab es 1982 – Der TSV 1860, 1966 erster Bundesliga-Meister aus München, musste aus der 2. Liga in die drittklassige Bayernliga – und verblieb dort bis 1991, prominentester Abgang nach dem Lizenzentzug von 1982 war der junge hessische Stürmer Rudi Völler
  • ·        1988 und 1989 stürzten die sportlich geretteten, aber finanziell eben angeschlagenen Ex-Bundesligisten Rot-Weiß Oberhausen und Kickers Offenbach in die Amateur-Oberligen
  • ·        Rot-Weiß Essen trat zwei Mal den bitteren Weg nach unten an: 1991 wegen „fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit“ und 1994 nach gefälschten Angaben im Lizenzierungsverfahren wurde dem Revierklub – obwohl `94 im Pokal-Finale – die Spielerlaubnis für die 2. Bundesliga verweigert, die Mannschaft von Trainer Christian Dondera war allerdings auch sportlich abgestiegen
  • ·        Ein Jahr später ging auch den Dynamos der Strom aus: Dynamo Dresden musste nach nur 4 Jahren in der 1. Bundesliga nach „mangelnder Liquidität“ direkt in die Regionalliga. An den Folgen dieses Zwangsabstiegs litt der Traditionsverein aus Sachsen lange, 2000 musste Dresden sogar viertklassig spielen, erst 2004 gelang die Rückkehr in den bezahlten Fußball
  • ·        Sportlich gerettet – und doch 1995 aufgrund „fehlender testierter Bilanzen“ nicht mehr für den Profifußball geeignet: Bundesliga-Gründungsmitglied 1. FC Saarbrücken
  • ·        1999 wollte man bei Tennis Borussia Berlin hoch hinaus, Star-Trainer „Wild Winnie“ Schäfer (72) konnte verpflichtet werden, ebenso die zusammen 5 Mio. Euro teuren Profis wie Sasa Ciric, Uwe Rösler, Ansgar Brinkmann und Andreas Hilfiker, doch „Ungereimtheiten“ beim Sponsor Göttinger Gruppe, der aus TeBe eine Aktiengesellschaft machen wollte, führten im Sommer 2000 trotz sportlicher Rettung zu Lizenzentzug – und Zwangsabstieg!


Den Ballon d' Or kann man nicht mehr ernst nehmen. Das ist eine Veranstaltung, wo Leute nur noch ihre Freunde wählen.

— Johan Cruyff