Elf Schalke-Trainer in fünf Jahren: Auch Reis muss gehen

von Marcel Breuer | dpa13:39 Uhr | 27.09.2023
Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel muss einen neuen Trainer suchen.
Foto: Tim Rehbein/dpa

Vor wenigen Monaten noch als Heilsbringer gefeiert, nun nach heftiger Spielerkritik freigestellt - der FC Schalke 04 scheint wirklich jeden Trainer zu schaffen. Aufgeschreckt vom schwachen Zweitligastart hat sich der Bundesliga-Absteiger vom bisherigen Chefcoach Thomas Reis getrennt.

«Wir sind auch sehr unzufrieden damit, dass wir jetzt so schnell zu dieser Entscheidung gekommen sind», räumte Sportvorstand Peter Knäbel anschließend ein - Reis war gerade einmal elf Monate im Amt.

Auf das schwierige Spiel am Freitag beim SC Paderborn (18.30 Uhr/Sky) soll Interimstrainer Matthias Kreutzer den Tabellen-16. im Verbund mit Co-Trainer Mike Büskens vorbereiten. Da die Suche nach einem Reis-Nachfolger erst jetzt beginnt und noch kein neuer Coach in Sicht ist, ist es denkbar, dass das Duo auch noch am 8. Oktober gegen Mit-Absteiger Hertha BSC verantwortlich ist. «Wir haben keine Zeit zu verschenken, wir haben zwei elementar wichtige Spiele vor der Brust - Paderborn und Berlin», sagte Sportdirektor André Hechelmann zum ungewöhnlichen Zeitpunkt der Trennung.

«Menschlich und inhaltlich festgefahren»

Doch deutete Schalkes sportliches Führungsduo an, dass es keine andere Möglichkeit gegeben habe. «Wir haben festgestellt, dass die Situation menschlich und inhaltlich festgefahren ist», sagte Knäbel zu den Gesprächen mit der Mannschaft in den vergangenen Tagen und äußerte Selbstkritik: «Ich habe schon mehrfach geäußert, dass ich mir Kontinuität auf dieser Position wünsche. Von daher ist das natürlich ein Rückschritt.»

Denn Reis war bereits der sage und schreibe elfte Trainer des gebeutelten Revierriesen seit der Vizemeisterschaft 2018. Hernach folgte ein beispielloser Absturz mit zwei Abstiegen. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Vor dem achten Spieltag ist der Absteiger in der 2. Bundesliga mit nur sieben Toren und sieben Punkten Drittletzter, bereits vier Niederlagen konterkarieren die hohen Ambitionen, die angesichts des Verlusts wichtiger Spieler im Sommer möglicherweise zu hoch sind - wie auch Knäbel am Mittwoch andeutete.

Zudem gibt der Club aktuell ein Bild ab, das den auf Schalke überstrapazierten Slogan «GEmeinsam» - die ersten beiden Buchstaben werden an Anlehnung an die Stadt Gelsenkirchen groß geschrieben - ad absurdum führt. Nun soll auch Reis, der im Sommer trotz des Abstiegs noch der Hoffnungsträger war, weil er das strauchelnde Team im Bundesliga-Abstiegskampf lange stabilisiert hatte, die Kabine zumindest teilweise verloren haben. Schon seit einiger Zeit wurde hinter vorgehaltener Hand von taktischen und trainingsspezifischen Defiziten bei Reis getuschelt.

Denkwürdiges TV-Interview

Wie tief die Gräben mit Teilen des offensichtlich schwierigen Teams tatsächlich waren, offenbarte ein denkwürdiges TV-Interview von Abwehrspieler Timo Baumgartl nach dem 1:3 beim FC St. Pauli. «Das ist Wahnsinn, wir spielen mit dem Feuer», hatte Baumgartl bei Sky gesagt und sich gar keine Mühe gegeben, Kritik an der Taktik des Trainers zu kaschieren. «Das ist die Philosophie des Trainers, er gibt uns das vor. Deshalb machen wir das auch als Mannschaft. Aber klar ist, wenn man die ersten 30 Minuten sieht, dass es brutal schwer ist, wenn es der Gegner gut macht. Hinten immer wieder eins gegen eins zu stehen, ist dann eben risikobehaftet.»

Die Quittung für diese unverhohlene Kritik war Baumgartls Suspendierung. Dies wurde noch als Rückendeckung für Reis gewertet. Weitere interne Gespräche ließen bei den Verantwortlichen aber offenbar die Erkenntnis reifen, dass es in der bisherigen Konstellation schwer wird, die Trendwende zu schaffen. «Ich wehre mich gegen die Formulierung, die Mannschaft hat Trainer auf dem Gewissen. Ich sehe die Kausalität nicht, weil es Absicht unterstellt», erwiderte Knäbel vehement zum Anschein, das Team habe zuletzt arge charakterliche Schwächen offenbart, betonte indes auch: «Selbstverständlich ist die Mannschaft jetzt gefordert.»(dpa)



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— Harald Schmidt.