Frankfurt, Waldstadion, 14. November 1981. Eintracht Frankfurt – Werder Bremen 9:2 (4:1) – „Glaabst’es?“, dürfte sich mancher Zuschauer im weiten Rund gewundert haben. Kaum jemand ahnte, was für ein Trauma Werder Bremens Torhüter Hermann Rülander mit sich herumschleppte. Der 21-jährige Nachwuchskeeper und Stellvertreter von Werders Torhüter-Idol Dieter „Budde“ Burdenski („Es gibt im Leben nicht nur Sahnestücke, sondern auch harten Butterkuchen“) hat den Klubverantwortlichen einen Autounfall verschwiegen.
Sonntag, 21.11.2021
Das recherchierte der Norddeutsche Rundfunk (NDR) wenig später. Wohl auch deshalb stand Rülander an diesem November-Samstag in Frankfurt total neben sich. Sein Debüt hatte Rülander erst eine Woche zuvor gegen den 1. FC Köln (1:1) gegeben. 14 Minuten durfte er für den angeschlagenen Burdenski ins Tor. Bundesliga-Legende Klaus Fischer (71 / „Ich lese keine Bücher“) düpierte den jungen Torhüter mit dem 1:1.
Kostedde traute dem Nachwuchstorhüter nicht
Eine Woche später stellte Werder-Trainer Otto Rehhagel Rülander zum ersten Mal von Anfang an auf. „Rülander hat nichts zu verlieren, sondern er hat die Chance, ganz groß rauszukommen“, ist der Trainerfuchs und Meister der Bonmots sicher. Werder Bremens Stürmer Erwin Kostedde (75, „Ich möchte nie mehr arbeiten, sondern nur noch am Tresen stehen und saufen“) ist da weniger optimistisch. „Wenn die Frankfurter wüssten, was wir für eine Gurke im Tor haben“, soll Erwin Kostedde vor dem Spiel geraunt haben.
Er sollte Recht behalten. Die Frankfurter Eintracht schoss dem Torhüter-Rookie die Bälle nur so um die Ohren. Ronald „Ronny“ Borchers lieferte vor der Halbzeitpause zum 4:1 nach 45 Minuten einen lupenreinen Hattrick ab. Je zwei Mal Norbert Nachtweih, Bernd „Dr. Hammer“ Nickel († 2021) und Bum-Kun Cha waren die weiteren Frankfurter Torschützen. „Wir haben heute wahnsinnig gut gespielt!“, jubelte Borchers anschließend, Wir haben heute wahnsinnig gut gespielt", meinte der Eintracht-Stürmer, „man muss lange zurückdenken, an die Zeit von Grabowski und Hölzenbein, bis man auf ein Spiel kommt, welches wir in dieser Manier gewonnen haben“. Das Kicker-Sportmagazin titelte am 16. November 1981: „Eintracht wie in alten Zeiten.“
Frankfurt 1981: Otto wieder im Torhagel
Wie in alten Zeiten muss sich auch „Otto Torhagel“ vorgekommen sein. Rehhagel, der als BVB-Coach das legendäre 0:12 bei Borussia Mönchengladbach (1978) und selbstredend am Tag danach gefeuert wurde, zog nach 78 Minuten die Notbremse. Er wechselte Rülander aus und brachte den dritten Keeper Robert Frese. Es war dessen einziges Bundesliga-Spiel. Für Rülander war es das letzte Spiel in der ersten Liga.
Der bemitleidenswerte Torhüter, der mit seinen vielen Unsicherheiten den zweithöchsten Bundesliga-Heimsieg der Frankfurter Eintracht ermöglicht hatte, schaffte 1987 mit dem SV Meppen den Aufstieg in die 2. Bundesliga.
Max Kruse hat zugesagt. Er ist dabei, er hat ja jetzt Zeit.
— Claudio Pizarro, Legende von Werder Bremen und Bayern München, über die Teilnehmer an seinem Abschiedsspiel. Max Kruse war kurz zuvor bei Wolfsburg suspendiert worden.