Die Misserfolgsserie wird immer länger, die Verzweiflung im Kampf gegen den Abstieg immer größer: Nur das Heimspiel gegen den Mitkonkurrenten Arminia Bielefeld bleibt dem FC Schalke 04, um noch vor Weihnachten eine Kurskorrektur in der Bundesliga einzuleiten.
Mittwoch, 16.12.2020
Völlig frustriert kommentierte Manuel Baum den nächsten Rückschlag und die schwache Vorstellung beim 0:2 gegen den SC Freiburg. «Wir sind unfassbar enttäuscht», sagte der Trainer, und kündigte eine Aufarbeitung an. «Wir werden definitiv über das Spiel noch reden müssen.»
Doch die Worte des 41 Jahre alten Fußball-Lehrers scheinen ungehört zu verhallen. Anders ist die indiskutable Leistung gegen die keineswegs übermächtigen Breisgauer kaum zu erklären. Nach dem Mut machenden 2:2 in Augsburg war die sechste Pleite im zehnten Spiel unter Baum spielerisch und kämpferisch ein Rückschritt. «Wenn man mit den Spielern spricht, hat man immer das Gefühl, sie haben es verstanden», sagte der Coach verzweifelt. Auf dem Platz sind sie dann wie gelähmt.
In der Defensive anfällig, in der Offensive wirkungslos - Schalke ist in allen Mannschaftsteilen nicht bundesligareif. Baums Plan, «dass wir mit Rabbi Matondo und Benito Raman schnelle Spieler auf den Flügeln haben und hinter die Dreier-Abwehr kommen», ging nicht auf. «In der Defensive wollten wir kompakt stehen und über Umschaltmomente kommen. Das hat gar nicht geklappt», gestand der Coach. «In der Offensive waren wir über das gesamte Spiel im letzten Drittel zu harmlos. Dann muss man wenigstens sein eigenes Tor verteidigen.»
Doch schon ein öffnender Pass von Vincenzo Grifo genügte, um die nur eine Hälfte lang stabile Abwehr auszuhebeln. Mit seinem Doppelschlag in der 50. und 68. Minute gab Roland Sallai den Königsblauen den K.o-Schlag. «Nach dem Gegentreffer haben wir uns extrem schwergetan. Wir müssen an unseren Problemen arbeiten und besser werden», sagte Schalke-Kapitän Omar Mascarell.
Vier Punkte nach zwölf Spieltagen, 8:35 Tore sind eine Schreckensbilanz. Erst acht Teams in der Bundesliga-Geschichte hatten zu diesem Zeitpunkt vier oder weniger Zähler, nur der Hamburger SV schaffte in der Saison 2016/17 noch den Klassenverbleib.
Baum ist nun vor allem als Psychologe gefragt. Die Partie gegen Bielefeld am Samstag hat Endspiel-Charakter. Bis dahin muss er die verunsicherte Mannschaft wieder aufrichten. Sein eigenes Schicksal ist Baum dabei nicht wichtig, ebenso die Statistik, dass ihm als erstem Schalker Trainer kein Sieg in den ersten zehn Bundesliga-Spielen gelang. «Das interessiert mich nicht. Das Wichtigste ist, dass Schalke nächstes Jahr in der Bundesliga spielt. Ich werde weiter vorangehen. Ich bin Diener des Vereins.»
Dass ein erneuter Trainer-Wechsel Wirkung zeigen würde, ist nicht garantiert. Dem Team fehlt es schlicht an Qualität, wenn dann auch noch Leistungsträger wie Mark Uth ausfallen. Mit dem ebenfalls in der Kritik stehenden Sportvorstand Jochen Schneider sei er in gutem Austausch, was die Kaderplanung angeht, so Baum. Doch große Verstärkungen in der nächsten Transferperiode kann sich der Club kaum leisten. «Wir wissen auch, dass die finanzielle Situation nicht so rosig ist. Wenn es nicht klappt, werden wir es mit der Mannschaft durchziehen», sagte Baum.
So bleibt nur die Hoffnung auf einen Befreiungsschlag gegen Bielefeld und eine Siegesserie im neuen Jahr. Gelingt das nicht, wird das Abstiegsszenario immer realistischer. «Am Samstag müssen wir gewinnen, dann dürfen uns diese Fehler, die wir heute begangen haben, nicht passieren», sagte Mascarell. «Wir geben nicht auf.»
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(dpa)
Wenn ich darauf reagieren würde, müsste ich wie ein Zitteraal durch die Gegend laufen.
— Peter Neururer auf die Frage, wie er mit den Spekulationen um seine Entlassung umgeht