Spannende Bayern-Wochen mit kniffligen Fragen

von Marcel Breuer | dpa16:33 Uhr | 14.04.2022
Haben jeweils noch bis 2023 einen Vertrag beim FC Bayern: Thomas Müller (l) und Robert Lewandowski.
Foto: Angelika Warmuth/dpa

Der FC Bayern steht vor spannenden Wochen. Nach dem schmerzhaften K.o. bereits im Viertelfinale der Champions League kündigte Vorstandschef Oliver Kahn an, «die richtigen Schlüsse» für die neue Saison ziehen zu wollen.

Das ernüchternde Aus in der Fußball-Königsklasse gegen den FC Villarreal befeuert Personalfragen, wie die nach den Verträgen der Führungsspieler Robert Lewandowski (33), Manuel Neuer (36) und Thomas Müller (32) oder nach Neuzugängen.

Die Führungsriege um Kahn (52), Sportvorstand Hasan Salihamidzic (45) und Präsident Herbert Hainer (67) ist jetzt gefordert. Er wünsche der neuen Führung «auf jeden Fall eine glückliche Hand», sagte der frühere Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge im «Kicker». «Wir hatten auch schwere Niederlagen, 1999 oder 2012, die uns schlaflose Nächte beschert haben. Aber der FC Bayern war immer dafür bekannt, die Probleme zu lösen, Herausforderungen zu meistern und am Ende wie Phoenix aus der Asche zu steigen.»

Die Zukunft von Neuer, Lewandowski und Müller steht für Kahn schon seit einiger Zeit «auf unserer Agenda ganz oben». Alle Verträge laufen im Sommer 2023 aus, Vertragsverlängerungen sind für den Club eine kostspielige Angelegenheit, auch der Blick auf einen Übergang oder Umbruch im Kader muss dabei bedacht werden. Das Trio hat eine goldene Ära beim Club geprägt, liefert auch als Ü30-Fraktion Leistungen auf höchstem Niveau. Die Frage ist, wie lange noch? Vor allem die Zukunft von Weltfußballer Lewandowski bleibt spannend. Rund um das Villarreal-Spiel wurde über einen Wechsel zum FC Barcelona spekuliert. Lewandowski spiele in der kommenden Saison «auf jeden Fall» für die Bayern, betonte Kahn. Krönender Karriereabschluss für die drei könnte das Champions-League-Finale 2025 in München werden.

Nach dem Champions-League-Triumph 2020 verlor das Team wichtige Größen. Thiago wechselte 2020 zum FC Liverpool, ein Jahr später zog es David Alaba zu Real Madrid. Im Gegenzug kamen allerdings auch neue Stars wie Leroy Sané (2020) oder Dayot Upamecano (2021). Nach der makellosen Sechs-Siege-Gruppenphase in dieser Saison wurden dem aktuellen Kader noch beste Titelchancen in Europas Bestenliga attestiert - im K.o.-Duell gegen den Tabellensiebten der Primera División reichte es für den deutschen Serienmeister dann aber überraschend doch nicht. «Das Ausscheiden liegt nicht an der Kader-Qualität», sagte Rummenigge in der «Bild». «Im Kader des FC Bayern stehen 18 Spieler, die voraussichtlich an der WM teilnehmen.»

Mittelfeldspieler Ryan Gravenberch (19) und Rechtsverteidiger Noussair Mazraoui (24) von Ajax Amsterdam werden als Zugänge gehandelt. Sie könnten wertvolle Verstärkungen werden, aber sie sind noch keine fertigen Spieler von Weltformat. Ob es einen Ersatz für den ablösefrei zu Borussia Dortmund wechselnden Niklas Süle in der Innenverteidigung geben wird, ist offen. Die finanziellen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie machen die weiteren Personalplanungen nicht leicht. Das Champions-League-Aus wirkt auch wegen ausbleibender Einnahmen in zweistelliger Millionen-Höhe nach.

Durch die Vertragsverlängerungen mit den Führungskräften Joshua Kimmich (Vertrag bis 2025), Leon Goretzka (2026) sowie Königsklassen-Siegtorschützen Kingsley Coman (2027) wurden wichtige Personalien entschieden, die allerdings auch den Handlungsspielraum für Top-Neuzugänge einschränken. Offen ist die Zukunft von Serge Gnabry, dessen Vertrag 2023 ausläuft. Neben Süle dürfte auch der einstige Rekordzugang Corentin Tolisso den Verein am Saisonende verlassen. Das könnte auch für Reservisten wie Bouna Sarr, Marc Roca oder Omar Richards gelten - falls es Angebote für sie geben sollte.

In heiklen Situationen der Saison, wie bei der Impfdebatte um Kimmich oder der aus dem Ruder gelaufenen Jahreshauptversammlung bezog vor allem Trainer Julian Nagelsmann Stellung - Rummenigge oder Uli Hoeneß hätten sich vermutlich klarer als die aktuelle Führung positioniert. Mit Spannung wird nun erwartet, wie Kahn die Ankündigung der Stellung der «Weichen für die kommende Saison» konkret ausfüllen wird.

Kritik gab's für die jüngsten Aussagen aus der Club-Führung von Rekordnationalspieler Lothar Matthäus. «Die Verantwortlichen redeten das 1:1 schöner, als es war. Drei Großchancen sind nicht Bayern-like, Anspruch und Qualität eigentlich höher», schrieb Matthäus in einer Kolumne für den «Kicker» (Donnerstag). «Oliver Kahn hat als Spieler Klartext geredet. Es wäre schön, wenn er dahin zurückkehren würde.»

Gedankenversunken und barfuß schlenderte Nagelsmann dieser Tage über den Trainingsplatz. Für den 34-Jährigen bedeutete das Aus gegen Villarreal die erste Delle in seiner steilen und imposanten Trainerkarriere. Das Vertrauen von Bossen und Stars für den für eine Rekordablöse aus Leipzig verpflichteten Nagelsmann ist weiter groß. Für ihn selbst ist nach der Schlappe im Pokal im Vorjahr gegen Mönchengladbach (0:5) und dem Aus gegen Villarreal seine erste deutsche Meisterschaft ganz besonders wichtig. Der nächste Schritt zur zehnten Schale nacheinander soll Sonntag (15.30 Uhr) bei Arminia Bielefeld folgen. Eine Woche später folgt der Liga-Gipfel gegen Borussia Dortmund - eine weitere Enttäuschung dort, dürfte für neue Münchner Turbulenzen sorgen. Vielleicht wird dann aber auch schon der Titelgewinn gefeiert.

(dpa)



Ich bin kein Typ, der unbedingt in England oder in Spanien spielen will. Ich wollte immer Bundesliga spielen.

— Nico Schlotterbeck