Offener Schlagabtausch, Tore-Show: Großes Kino in Leverkusen

von Marcel Breuer | dpa13:54 Uhr | 09.11.2020
Lucas Alario (l) kämpft mit Mönchengladbachs Verteidiger Stefan Lainer um den Ball. Foto: Ina Fassbender/AFP POOL/dpa
Foto: Ina Fassbender

Als das große Spektakel vorbei war, fand Peter Bosz sogar lobende Worte für seinen Reserve-Mittelstürmer. «Er hat ja in der vergangenen Saison wenig bei mir gespielt. Aber er hat das heute hervorragend gemacht.»

«Das hatte hohes Niveau», befand der Trainer von Bayer Leverkusen nach dem rassigen und sehenswerten 4:3 (2:2)-Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach. Gemeint war der bei Bosz oft nur als zweite Wahl gehandelte Lucas Alario, der sich nun zum neuen Rekord-Torjäger unter dem Bayer-Kreuz aufmacht.

Seine beiden Ausgleichstreffer nach 0:1- und 1:2-Rückstand hielten Bayer im Spiel und bedeuten eine Bestmarke: Alario erzielte in den letzten vier Spielen sieben Tore, darunter drei Mal nacheinander einen Doppelpack. Das ist zuvor noch keinem Bayer-Profi gelungen. «Das waren zwei Wahnsinnstore von ihm», sagte Bayers Torhüter Lukas Hradecky, der selbst mit zwei, drei großartigen Reaktionen einen wichtigen Anteil am Sieg im rassigen Nachbarschaftsduell hatte.

Spiele zwischen Leverkusen und Mönchengladbach hatten schon immer großen Unterhaltungswert mit Offensivspektakel und vielen Toren. Es gab auch Partien mit mehr als sieben Treffern: Bayer gewann mal 8:2, Gladbach 6:3, aber am Sonntag war es eng und spannend mit wechselnden Führungen. Im Schatten des großen Schlagerspiels zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München musste sich das kleine West-Derby nicht verstecken. Beide Teams werden in dieser Verfassung wie in den Jahren zuvor auch in dieser Saison mit aller Macht um die Champions-League-Plätze kämpfen.

Diesmal hatte Bayer trotz des zweimaligen Rückstandes durch Lars Stindl (18. Minute/Foulelfmeter/30.) die Nase vorn dank Alario und der beiden Treffer von Leon Bailey zum 3:2 (68.) und Julian Baumgartlinger zum 4:2 (82.) und einer couragierten Mannschaftsleistung. Das hat sogar Trainer Bosz beeindruckt. «Ich bin stolz auf meine Mannschaft», sagte der Niederländer, der sein Team auch oft schon kritisiert hatte. «Es ist super, mit so einem Ergebnis in die Länderspielpause zu gehen.»

Für die Gladbacher endete eine kleine Erfolgsserie mit großen Auftritten in der Champions League und insgesamt acht Spielen am Stück ohne Niederlage. «Wir hatten unsere Möglichkeiten, die haben wir nicht genutzt. Und die Führungen haben wir leichtfertig abgegeben», befand Borussias Coach Marco Rose. Zudem zeigte auch der sonst äußerst zuverlässige Schlussmann Yann Sommer bei mindestens zwei Gegentreffern Schwächen. «Das war kein guter Abend für einen Torhüter», meinte der Schweizer.

Am Ende, als das Spiel entschieden war, gab es dann noch etwas für Feinschmecker: Der akrobatische Fersentreffer von Gladbachs Neuzugang Valentino Lazaro, der in der Luft liegend mit dem Rücken zum Tor traf, zählt zur Kategorie der genialen Kunststücke von Zlatan Ibrahimovic oder Fritz Walter, die während ihrer Karrieren ähnlich spektakuläre Treffer erzielten. Doch richtig genießen konnte der 24-Jährige dieses außergewöhnliche Ereignis nicht. «Mit ein bisschen Abstand zum Ergebnis kann ich mich auf jeden Fall mehr freuen als in diesem Moment», sagte Lazaro.

© dpa-infocom, dpa:201109-99-264057/3

(dpa)



Fußball ist viel härter, wenn du den Ball nicht hast.

— Sven-Göran Eriksson