Manuel Riemann – Torhüter gegen Torhüter, das ging nicht immer gut!

von Carsten Germann13:54 Uhr | 08.11.2021
Foto: Imago

Für WELT.DE und Fußball-Satiriker Oskar Beck war der von Manuel Riemann im Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim (2:0) verschossene Elfmeter „der höchste Strafstoß seit Uli Hoeneß.“ Schöne Satire. Real ging das Duell zweier Torhüter am Elfmeterpunkt oft genug schief in der Bundesliga.

„Nur die Alten und Toten unter uns erinnern sich noch an den höchsten Elfmeter der Fußballgeschichte. Uli Hoeneß hat ihn geschossen, am 20. Juni 1976 im EM-Finale gegen die damalige ČSSR. Wild entschlossen lief er an, drosch mit rechts drauf, volle Kanne - „und dann“, sagte Hoeneß später, „sah ich den Ball steigen, wie eine Rakete“, schrieb Beck am Montag, „an den Flutlichtmasten vorbei hat er das runde Ding fast senkrecht über das Belgrader Stadion hinaus auf die Autobahn in Richtung Albanien geballert, und ein LKW soll es dann überfahren haben.“

Andere Quellen sprechen davon, dass hartnäckige Balljungen in Belgrad bis heute den Ball suchen (vgl.: Lothar Herbert Matthäus, Frankfurt 1984). Wie auch immer. Das hohe Fangnetz im Vonovia Ruhrstadion konnte nicht verhindern, dass sich Geschichte wiederholt. Im doppelten Sinn.

Zum einen gab es den „Uli-Hoeneß-Gedächtnis-Elfer“ – und zum anderen den elften Fall seit 1969 aus der Reihe „Keeper scheitert an Keeper.“ Dass Torhüter in der Bundesliga selbst zum Elfmeter antreten, ist seit mehr als 50 Jahren ein gewohntes Bild.

Torhüter beim Elfmeter: „König Radi“ machte den Anfang

Der erste, der sich traute und scheiterte, war natürlich der bis Manuel Neuer offensivste Keeper der Liga-Geschichte, Petar „Radi“ Radenkovic (87) von 1860 München. „Petar Radenkovic glänzte mit seinen Ausflügen bis an die Mittellinie“, schrieb das DFL Bundesliga-Lexikon (2003) über den Meister-Torhüter von 1966. „Radi“, gern auch von seinem Konkurrenten Sepp Maier („Bin I Radi, bin I Depp, König bleibt der Maier-Sepp“) verulkt, scheiterte 1969 vom Punkt. Am 17. Mai 1969 verschoss der Torhüter aus Belgrad (Passt!) gegen Hertha BSC (0:1) und Gernot Fraydl.

26 Jahre lang blieben die Torwart-Elferschützen cool

Weltmeister Norbert Nigbur (Schalke 04) und Fred-Werner Bockhold von Kickers Offenbach waren dann 1972 für mehr als zwei Jahrzehnte die letzten Bundesliga-Torhüter, die vom ominösen Punkt aus nicht verwandeln konnten. Beide scheiterten in der Saison 1972/73 bei ihren Elfer-Versuchen. Nigbur zog gegen Fortuna Düsseldorf (3:1) und Schlussmann Wilfried Woyke, Bockhold beim MSV Duisburg und Dieter Linders den Kürzeren.

Kostete Butts Fehlschuss Bayer Leverkusen den Titel?

Dann kam er. „Butt, Butt, Butt“ – der eiskalte Torhüter aus Oldenburg. In Diensten des Hamburger SV und Bayer Leverkusen trat Hans-Jörg Butt (47) in der Bundesliga 31-mal zum Elfmeter an. 26-mal verwandelte er, fünf Mal ging es schief. Und das erstmals am 3. Oktober 1998, im direkten Duell gegen seinen HSV-Vorgänger Richard „Richie“ Golz vom SC Freiburg (0:0). Golz hielt in der 90. Minute, Freiburgs Fans feierten den gehaltenen Elfer wie einen Sieg. Folgenschwerer erwies sich sein dritter Fehlschuss vom Punkt, am 20. April 2002 gegen Werder Bremen (1:2). Butt vergab gegen Frank „Fäustel“ Rost – und diese Fahrkarte kostete Bayer Leverkusen möglicherweise die Deutsche Meisterschaft. Zwischen Butts fünften vergebenen Elfer (2010, für den FC Bayern gegen Mainz 05 und Heinz Müller) und Riemanns Uli-Hoeneß-Kopie liegen nun wieder elf Jahre.

„Titan“ Kahn: Er konnte alles – außer Elfer schießen

Aber, aber: Verschossene Torhüter-Elfer, das kommt in den besten Bundesliga-Familien vor. Oliver Kahn, der „Titan“ vom FC Bayern („DieFans müssen wissen, dass ich kein Clown bin“), hielt es am 23. Februar 2002 gegen Energie Cottbus für eine gute Idee, selbst auszuführen. Ohne Risiko allerdings, es lief die 91. Minute und es stand 6:0 für den FC Bayern…

Elfer-Held in dieser Szene war einer, der 2001/2002 gegen Gladbach mit dem Hinterkopf eines der kuriosesten Torhüter-Eigentore der Liga-Historie lieferte. Tomislav Piplica. Der bosnische Torhüter verschoss am 5. Mai 2001 ebenfalls selbst, und zwar beim turbulenten Ost-Derby bei Hansa Rostock (0:1) gegen Martin Pieckenhagen.

Kleiner Trost für Manuel Riemann und Bochum: Cottbus blieb am Ende trotzdem drin. 



Am Montag fahren wir zum Oktoberfest und am Dienstag sind drei bis vier Spieler verletzt.

— HSV-Torhüter Martin Pieckenhagen nach der 0:2-Niederlage gegen Arminia Bielefeld zur Arbeitsmoral einiger Mitspieler