Mainz vor schlechtestem Start der Bundesliga-Geschichte – Fällt Fortunas Negativ-Rekord?

von David Di Tursi11:51 Uhr | 31.10.2020
Jan-Moritz Lichte ist der neue Trainer des FSV Mainz 05. Foto: Torsten Silz/dpa
Foto: Torsten Silz

Beim 1. FSV Mainz 05 läuft in dieser noch jungen Spielzeit noch überhaupt nichts zusammen. Nach fünf Spieltagen zieren die Rheinhessen in der Bundesliga das Tabellenende. Doch damit nicht genug: der FSV ist noch punktlos und schickt sich damit an, einen Negativ-Rekord aus dem Jahr 1991 zu knacken – vorausgesetzt, man verliert sein kniffliges Auswärtsspiel in Augsburg.

Strutz: „Das Schlimmste, was einem Verein passieren kann“

„Wir erscheinen in der Stadt nicht mehr. Wir sind nicht mehr da. Ich sehe kaum noch Aufkleber, ich sehe keine Menschen mit Schal“, konstatiert kein Geringer als Harald Strutz. Der 69-Jährige, von 1988 bis 2017 Präsident der Mainzer, verfolgt die Entwicklung seines Herzensvereins mit großer Besorgnis. „Das ist das Schlimmste, was einem Verein passieren kann: Es interessiert keinen mehr“, legt der heutige Ehrenpräsident den Finger schonungslos in die Wunde.

Es scheint, als würde der einst so sympathische Klub, dem nicht erst nach dem Bundesliga-Aufstieg 2009 die Herzen aus der ganzen Republik zuflogen, nach elf Jahren Erstliga-Fußball am Stück an seine Grenzen stoßen. Große Trainernamen kamen nie nach Mainz, im Gegenteil: der selbst ernannte Karnevalsverein formte sie und ließ von jenen talentierten Übungsleitern wiederum hungrige Mannschaften formen. Jürgen Klopp und Thomas Tuchel machten in Mainz bekanntlich wichtige Erfahrungen auf ihrem jeweiligen Weg in die absolute Weltspitze. Und der FSV? Hat mit Jan-Moritz Lichte derzeit den vierten Trainer in den letzten vier Jahre. Verlor neben der Kontinuität auf der Trainerbank zuletzt auf und neben dem Rasen immer wieder wichtige Identifikationsfiguren.

Sprungbrett statt Identifikation: Mainz in der Falle

Christof „Bum Bum“ Babatz, Antonio da Silva, Nikolce Noveski, Elkin Soto, Michael Thurk, Dimo Wache oder die Weiland-Brüder: Namen aus einer Zeit, in der Spieler und Fans zumeist naturgemäß eine Einheit bildeten und man Fußball-Deutschland als Underdog aufmischte. Vielleicht wurde den Mainzern nicht zuletzt ihr eigener Erfolg zum Verhängnis. Das Image des etwas anderen Erstligisten wurde kultiviert, gleichzeitig passte man sich, um sportlich mithalten zu können, immer mehr an das Haifischbecken Bundesliga an und wurde zu einer unromantischen Zwischenstation für so manchen Hochbegabten.

Bestes Beispiel: Abdou Diallo, mittlerweile für PSG und Thomas Tuchel am Ball, kam 2017 für fünf Mio. Euro aus Monaco. Nur ein Jahr später ging der Innenverteidiger zum BVB, der damals von Tuchel trainiert wurde. Als Ablöse erhielt Mainz satte 28 Mio. Euro, bis heute der Rekord-Abgang des FSV und eigentlich der Beleg für ein überragendes Geschäftsmodell. Für nur drei Mio. weniger ließ man in Sommer 2019 Jean-Philippe Gbamin zum FC Everton ziehen. Den Ivorer kam 2016 aus Lens, Kostenpunkt damals: ebenfalls schlappe fünf Mio. Euro.

Mainz nach dem 6. Spieltag mit Null Punkten?

Den unwürdige Zoff um den Gehaltsverzicht in Zeiten von Corona, die zurückgenommene Suspendierung von Adam Szalai und die folgende Entlassung von Achim Beierlorzer lässt längst auch Sportvorstand Rouven Schröder zunehmend hilflos erscheinen. Und so steuert Mainz mittlerweile auf den schlechtesten Start eines Vereins in der Bundesliga-Geschichte zu.

Null Punkte nach fünf Spieltagen, das ist seit 1963 insgesamt dreizehn Teams passiert. Auch der FSV war bereits in der Saison 2005/06 mit dieser Nicht-Ausbeute gestartet. Unter Jürgen Klopp gelang den 05ern damals dennoch die Rettung. Auch nach dem 6. Spieltag noch keinen einzigen Zähler auf dem Konto zu haben, „gelang“ einem Bundesligisten hingegen erst ein einziges Mal. Fortuna Düsseldorf in der Saison 1991/92, damals noch mit der 2-Punkte-Regel. Am Ende stand der Abstieg.

Bei einer Niederlage in Augsburg hätte Mainz aufgrund des dann schlechteren Torverhältnisses gegenüber Düsseldorf jedoch ganz offiziell den schlechtesten Saisonstart eines Teams in 58 Jahren Bundesliga hingelegt.





Ich werde künftig auch bei 15.30-Uhr-Spielen das Flutlicht anmachen lassen.

— Bremens Trainer Florian Kohfeldt nach einem Sieg im Abendspiel beim FC Schalke 04.