Der besondere Klang seines Nachnamens gefiel Sebastian Hoeneß zu Schulzeiten nicht immer.
Sonntag, 18.08.2019
«Da gab es schon Situationen, in denen ich mir gewünscht hätte, als Sebastian wahrgenommen zu werden», verriet der Meistercoach der Bayern-Amateure vor dem Start in sein erfolgreichstes Trainer-Jahr. «Der Name polarisiert. Aber ich kenne es nicht anders und habe gelernt, damit umzugehen.» Zwölf Monate später winkt dem Sohn des früheren Hertha-Managers Dieter Hoeneß und Neffen des Münchner Club-Patrons Uli Hoeneß ein großer Karrieresprung. Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim soll ihn zum Wunsch-Nachfolger von Alfred Schreuder auserkoren haben.
Der kometenhafte Aufstieg bei seinem «Herzensclub» FC Bayern München mit dem Titelgewinn in der schwierigen Corona-Saison hat nach nur einer Saison als Trainer im Männerfußball Begehrlichkeiten in der Branche geweckt. Der 38-Jährige wird dort nicht als Sohn oder Neffe wahrgenommen, der frühere Jugendcoach von Hertha Zehlendorf und RB Leipzig hat sich als erfolgreicher Trainer etabliert. Die Art und Weise, wie er spielerische Dominanz und defensive Stabilität im Spiel der jungen Bayern-Mannschaft erfolgreich verzahnte, wird als sein großer Verdienst eingestuft.
«Er hatte am Anfang viele Vorurteile, weil er auch Hoeneß heißt. Ich bin ganz glücklich, dass er einen so tollen Job macht, denn so gut hat die zweite Mannschaft noch nie da gestanden», lobte Uli Hoeneß schon vor den Hoffenheim-Spekulationen. Dabei war Onkel Uli, das verriet Sebastian Hoeneß einmal in der «Süddeutschen Zeitung» damals «nicht angetan von der Idee», ihn zu verpflichten. «Uli wusste, was das mit sich bringen kann, dass da immer etwas mitschwingt», sagte der Jung-Hoeneß, der zunächst zwei Jahre die U19 trainierte.
Name hin oder her: Er setzte sich jedenfalls imponierend durch. Hoeneß gilt als loyal und bodenständig, die fachlichen Qualitäten sind ohnehin groß. Hospitationen bei Huub Stevens, Thomas Tuchel und Pep Guardiola betrachtet er als faszinierende Erfahrungen.
«Sebastian ist ein großes Trainer-Talent», lobte Hermann Gerland im Vereinsmagazin «51». Der aktuelle Flick-Assistent Gerland, einst Förderer und Former von Bastian Schweinsteiger & Co. hatte wie die Bayern-Granden gehofft, mit Sebastian Hoeneß den Mann zu finden, der den Campus-Nachwuchs auf dem Weg zur Spitze weiterentwickeln kann. Und zwar langfristig. Dass Hoeneß nach nur einer Saison und trotz Vertrags bis 2022 die Aufstiegschance ergreifen könnte, bringt die Bayern bei der Nachfolgersuche ein Stück in die Bredouille.
Steine würde man Sebastian Hoeneß aber sicher nicht in den Weg legen. Zwar ist das Verhältnis zwischen Hoffenheim und dem FC Bayern nach Wechseln von Talenten nicht konfliktfrei, aber die Clubspitzen um Mäzen Dietmar Hopp und Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hegen einen guten Kontakt. Der 38 Jahre alte Trainer soll sich selbst Bedenkzeit eingeräumt haben.
Hoffenheim wäre für Sebastian Hoeneß jedenfalls kein komplettes Neuland. Er kennt den Club aus der Saison 2006/07 - als Spieler unter Ralf Rangnick, der ihn später als Trainer zu RB Leipzig lockte. Weitaus länger war Hoeneß aber für Hertha BSC auf dem Rasen aktiv. Insgesamt lief der frühere Mittelfeldakteur 172-mal in Dritt- oder Viertligaspielen auf. Mit 28 Jahren, ähnlich früh wie Onkel Uli, beendete er dann die Spieler-Laufbahn. Jetzt könnte ihn die zweite Karriere schneller als gedacht in die Bundesliga führen.
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(dpa)
Ein Tor muss her, soll es nach 90 Minuten nicht noch so stehen wie jetzt.
— Heribert Faßbender