Guter Bremer Start getrübt: Finanzloch und drohende Abgänge

von Marcel Breuer | dpa11:30 Uhr | 04.10.2020
Werder Davy Klaassen auf dem Weg in die Halbzeit: Den Vizekapitän Klaassen zieht es zu Ajax Amsterdam. Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Foto: Carmen Jaspersen

Von Euphorie war bei Werder Bremen nichts zu spüren. Allerdings steht der Fast-Absteiger der Vorsaison mit sechs Punkten nach drei Spielen gut da, als «hochzufrieden» bezeichnete Trainer Florian Kohfeldt nach dem 1:0 gegen Arminia Bielefeld seine sportliche Gefühlslage.

Der drohende Abschied von Davy Klaassen und Milot Rashica trübt den guten Start aber: Ein Verlust der beiden Leistungsträger bis zum Ende des Transferfensters am Montag könnte weitreichende Folgen haben.

Ohne das Duo geht der Blick höchstwahrscheinlich in der Tabelle nicht nach oben, sondern erneut in Richtung Abstiegskampf. Sorgen macht sich Sportchef Frank Baumann vorerst zwar noch nicht, denn «das ist die falsche Herangehensweise», sagte er am Samstag. «Wir würden aber zwei Spieler mit Qualität verlieren. Darüber müssen wir nicht reden.»

Vizekapitän Klaassen zieht es zu Ajax Amsterdam. Der Topclub möchte den Mittelfeldspieler unbedingt verpflichten, auch der Niederländer will zurück in die Heimat. «Wir sind in Verhandlungen, aber es gibt noch keine Einigung. Da gehören auch mal ein, zwei, drei vier Runden dazu», erklärte Baumann. Werder hofft auf eine Ablöse zwischen 13 bis 15 Millionen Euro, würde aber dafür seinen Mittelfeld-Motor verlieren.

«Sollte er gehen, würde ich mich bei ihm bedanken», sagte Coach Kohfeldt. Gegen Bielefeld nahm er Klaassen nach 74 Minuten vom Platz, auch weil der 27-Jährige nicht in Bestform war. «Es ist eine Situation in der Schwebe», merkte der Bremer Trainer an. «Er war am Ende platt. Es war keine einfache Zeit für ihn. Die Situation ist im Kopf bei ihm.»

Rashica nahm am Samstag angeschlagen in Zivil auf der ansonsten leere Tribüne des Weserstadions Platz - oft mit Handy in der Hand. Der schnelle und trickreiche Kosovare würde gerne gehen, doch nach der Absage von Wunschclub RB Leipzig mangelt es an zahlungskräftigen Vereinen. Rund 20 Millionen Euro erhoffen sich die Bremer von seinem Verkauf. «Die Wahrscheinlichkeit ist weiterhin größer, dass er uns verlässt», sagte Baumann.

Die finanziell klammen Bremer benötigen dringend Geld. Die Coronavirus-Pandemie hat nach eigenen Angaben ein 30-Millionen-Loch gerissen. Zudem musste Werder im Sommer aufgrund von Kaufverpflichtungen für Ömer Toprak (Borussia Dortmund) und Leonardo Bittencourt (1899 Hoffenheim), dem Siegtorschützen gegen Arminia Bielefeld, etwa elf Millionen Euro aufbringen. Transfer-Einnahmen bislang: nullkommanull.

Sollten die avisierten Wechsel von Klaassen und Rashica noch platzen, müssten neben dem laut Baumann noch immer nicht bewilligten Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) weitere Kredite aufgenommen werden. Baumann bestätigte, dass der Club sich dann «woanders» Geld beschaffen müsse. «Es gibt verschiedene Szenarien. Wir sind vorbereitet», betonte der frühere Nationalspieler. Der sportliche gute Start rückte erst einmal in den Hintergrund.

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(dpa)



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