Frusterlebnis statt Fußballfest: BVB-Kader vor Umbruch

von Marcel Breuer | dpa12:00 Uhr | 03.04.2022
Dortmunds Trainer Marco Rose soll im Kader für Veränderungen sorgen.
Foto: Bernd Thissen/dpa

Bereits lange vor dem Schlusspfiff ergriffen hunderte Fans die Flucht. Die Freude über die Rückkehr ins erstmals seit über zwei Jahren ausverkaufte Dortmunder Stadion war ihnen beim 1:4 (0:2) ihres Teams gegen Leipzig gründlich vergangen.

Was nach dem Wegfall vieler Corona-Auflagen als Fußballfest geplant war, ging mit Pfiffen von den Rängen zu Ende. Der effiziente Gast aus Sachsen verdarb dem indisponierten BVB die Party. Trainer Marco Rose machte aus seinem Frust keinen Hehl: «Ein extrem bitteres Ergebnis. Eigentlich wollten wir uns Schwung für die Saison-Schlussphase holen, haben uns aber selbst ausgebremst.»

Dass Abwehrspieler Manuel Akanji nach dem Schlusspfiff einen pöbelnden Fan zur Rede stellte und sich dabei einen heftigen verbalen Schlagabtausch lieferte, passte ins Bild von einer missratenen Party. Anders als erhofft, verhalf die zuvor 763 Tage vermisste Kulisse von 81.365 Zuschauern der Borussia zu keinem Erfolgserlebnis über den ungeliebten Systemrivalen. Die Gegentore von Konrad Laimer (21./30.), Christopher Nkunku (57.) und Dani Olmo (86.) rissen den zuvor sechsmal ungeschlagenen Tabellenzweiten aus allen Träumen von einem stabilen Aufwärtstrend.

Der Versuch von Mats Hummels, die dürftige Leistung schönzureden, trug nur bedingt zur Schadensbegrenzung bei: «Das war ein Sieg der Effektivität. Das war auf keinen Fall ein 4:1-Spiel. Man muss nicht so tun, als wären wir an die Wand gespielt worden», urteilte der Abwehrchef mit Verweis auf die starke Anfangsphase mit Chancen von Marco Reus und Erling Haaland.

Doch die Art und Weise, wie apathisch die Borussia auf den ersten Doppelpack von Laimer in seinem 103. Bundesligaspiel reagierte, war einer Spitzenmannschaft unwürdig. «Ich weiß nicht, ob ich das Wort Hühnerhaufen in den Mund nehmen soll. Dann wird es ein wildes Fußballspiel, das geht immer zugunsten der Mannschaft, die kontern kann», urteilte Hummels bei Sky treffend. Bei nunmehr neun Punkten Rückstand auf Spitzenreiter FC Bayern erklärte der Weltmeister von 2014 den Titelkampf endgültig für beendet: «Den Blick nach oben gibt es nicht mehr.»

Dabei wurde Hummels wiederholt von Rose-Raus-Rufen einiger Fans gestört. Doch der Trainer steht trotz des neuerlichen Rückschlags, der phasenweise an die peinlichen Auftritte gegen Amsterdam (0:4), Leverkusen (2:5) und die Glasgow Rangers (2:4) erinnerte, nicht zur Disposition. Schon vor dem Spiel hatte der künftige Sportdirektor Sebastian Kehl dem zu Saisonbeginn für fünf Millionen Euro aus Mönchengladbach abgeworbenen Fußball-Lehrer in einem Interview der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag) demonstrativ den Rücken gestärkt: «Wir sind davon überzeugt, dass wir mit Marco den richtigen Weg gehen. Dafür braucht man ein bisschen Zeit.»

Mit Hilfe des 45 Jahre alten Trainers sollen im kommenden Sommer die dringend erforderlichen ersten Kader-Umbauarbeiten beginnen. «Ich kann grundsätzlich sagen: Wir streben Veränderungen an, Gespräche laufen. Wir wissen, dass wir an der einen oder anderen Stelle etwas tun wollen oder sogar müssen», bekannte Kehl.

Ähnlich wie der aktuelle Lizenzspielerchef ist auch Leitwolf Hummels der Meinung, dass die Dortmunder bei diesen Renovierungsarbeiten auf die Mithilfe des aktuellen Cheftrainers zählen sollten. Von den Rose-Raus-Rufen einiger Fans hält der Routinier wenig: «Die spreche ich nächste Saison noch mal an.»

(dpa)



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