Januar 2019. Rein statistisch gesehen bedeutete für Borussia Dortmund Platz eins nach 17 Spielen in der Bundesliga als „Herbstmeister“ mehr als die „halbe“ Schale. Der BVB ging zum vierten Mal nach 1994, 1995 und 2010 als Tabellenführer in die Rückserie. Stets hatte Dortmund am Ende auch den Titel gewonnen.
Freitag, 14.01.2022
42 Punkte aus 17 Partien waren für die westfälische Borussia damals die zweitbeste BVB-Ausbeute als „Herbstmeister“. Nur 2010 war man unter Jürgen Klopp (54) mit 43 Zählern noch besser. Die mit Sicherheit realistischste Chance, die Phalanx von Serienmeister Bayern München zu durchbrechen, wurde aus Dortmunder Sicht 2019 fast leichtfertig vergeben.
„Herbstmeister“ 2018 – aber der BVB und der „Nearly Man“ warfen die Meisterschale weg
Sechs Zähler Vorsprung hatte die Mannschaft des „Nearly Man“ Lucien Favre auf den FC Bayern im Winter. Am 21. Spieltag begann dieses Punkte-Polster mit einem 3:3 gegen 1899 Hoffenheim (nach 3:0-Führung bis zur 67. Minute) zu schmelzen. Nach einer 0:5-Demontage des BVB in der Allianz Arena übernahmen die Münchner am 28. Spieltag wieder die Führung – und brachten diese zur siebten Meisterschaft in Folge mit einem 5:1 gegen Eintracht Frankfurt am letzten Spieltag letztlich souverän ins Ziel.
Die Dortmunder gerieten damit in der Reihe der Bundesliga-„Herbstmeister“, deren Titelträume im Winter im Sommer brutal platzten. Wie RB Leipzig. Die „Roten Bullen“ wurden zehn Jahre nach ihrer Gründung 2019 erster „Herbstmeister“ der Bundesliga aus den neuen Bundesländern. Bei zwei Punkten vor dem von alten Zeiten träumenden Borussia Mönchengladbach und gar vier Zählern vor Bayern München. Die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann holte in der Rückserie aber acht Punkte weniger, fiel zurück auf Rang fünf und spielte somit nicht einmal in der Champions League.
Kein Klub litt so sehr wie Schalke
Die abgestürzten „Herbstmeister“ – seit 2001 hat wohl kein Team mehr gelitten als der FC Schalke 04. Der Revier-Rivale von Borussia Dortmund war mit 33 Punkten und zwei Zähler vor Bayer Leverkusen respektive drei Punkten vor Bayern München „Herbstmeister“ der Saison 2000/2001. Ein Sieben-Sekunden-Drama am 33. Spieltag brachte die Wende. Fast auf den Moment zeitgleich gewann der FC Bayern 2:1 im Olympiastadion gegen Kaiserslautern, während Krassimir Balakov vom VfB Stuttgart den FC Schalke 04 im „Ländle“ mit dem 1:0 ins Tal der Tränen schoss.
Gesteigert wurde diese Dramatik im Saisonfinale am 19. Mai 2001, als der FC Bayern München in Hamburg in der vierten Minute der Nachspielzeit beim HSV doch noch zum titelbringenden 1:1 kam. Schalkes 5:3 gegen Absteiger Unterhaching war nichts mehr wert, das Parkstadion verwandelte sich nach seinem letzten Spiel vor der Stilllegung in ein Tränenmeer. Ein Stück Bundesliga-Geschichte. „Erklären kann man das nicht“, sagte Schalkes deutscher Nationalspieler Gerald Asamoah damals, „aber die Bayern haben in den letzten Spielen immer ihre Tore sehr spät geschossen.“
Keiner stürzte so krass ab wie „Hoffe“!
Ein „Absolute Beginner“ verblüffte die Bundesliga 2008. Die TSG 1899 Hoffenheim und ihr Coach, der schwäbische Fußball-Professor Ralf Rangnick (63) mischten die Etablierten auf. Der Aufsteiger gewann im Spätsommer und Herbst 2008 elf von 17 Spielen und holte sich – bei drei Zählern vor dem FC Bayern – die „Herbstmeisterschaft“. Ein Liga-Neuling sonnte sich im Winter an der Tabellenspitze, das verblüffte ganz Fußball-Deutschland. Bpa Sportpresse gab sogar ein Sonderheft zum „Hoffen-Hype“ heraus. Nicht ohne Grund: 1899-Torjäger Vedad Ibisevic schien auf den Spuren von Bayern-Bomber Gerd Müller. Der Bosnier zog sich dann aber in der Winterpause eine Kreuzbandverletzung zu. Auch der Umzug von Mannheim in die neue Rhein-Neckar-Arena in Sinsheim wirkte für 1899 eher hemmend als beflügelnd. Ein 0:1 am 20. Spieltag beim HSV kippte „Hoffe“ von der Tabellenspitze. Am Ende bedeutete Platz sieben bei 15 Zählern weniger die schlechteste Rückrunden-Bilanz aller Zeiten für einen „Herbstmeister.“
„Wir haben den attraktivsten Fußball gespielt“, resümierte Leverkusens legendärer Manager Reiner „Calli“ Calmund nach der aus Sicht der Bayer-Elf traurigsten Bundesliga-Saison aller Zeiten, 2001/2002. 39 Punkte aus den ersten 17 Spielen, 43 Tore für Michael Ballack, Oliver Neuville und Co, aber am Ende wieder nur Silber. Borussia Dortmund zog in den letzten drei Spielen trotz eines Fünf-Punkte-Rückstandes noch an Leverkusen vorbei.
Ich hatte den Eindruck, die Da.., äh, jetzt hätte ich fast Damen gesagt, die Herren haben nicht gewusst, wohin sie den Ball spielen sollen.
— Bundesinnenminister Otto Schily über die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach dem 0:3 gegen Portugal